
Sinira aus Texas veröffentlicht mit „The Everlorn“ ein bemerkenswertes Debüt. Es klingt wie ein wiederentdecktes Juwel aus der goldenen Zeit des schwedischen Melodic Black Metal. Von der ersten Note an weht ein kalter, trauriger Wind durch die Rillen. Es ist eine Hommage an glorreiche Zeiten. Damals ließen Bands wie Dissection, Sacramentum oder Unanimated die Grenze zwischen eisiger Härte und erhabener Melodie verschwimmen.
Schon der erste Track „Where Starlight Does Not Shine“ taucht tief in diese düstere Romantik ein. Diese verbindet man unweigerlich mit Dissections „Storm of the Light’s Bane“. Im Mittelpunkt steht die Gitarrenarbeit. Sie bietet majestätische Harmonien, zitternde Melodien und bittersüße Akkordfolgen. Diese erinnern direkt an Vinterlands „Welcome My Last Chapter“. Trotz dieser klaren Einflüsse ist Sinira kein bloßer Nachahmer. Vielmehr verneigt sich „The Everlorn“ stilvoll vor den nordischen Vorbildern. Dabei verliert es sich nicht in bloßer Nostalgie.
Besonders deutlich ist die epische Songstruktur, die an Dawns „Slaughtersun“ denken lässt. Lange, sich entwickelnde Kompositionen führen den Hörer durch melancholisch-eisige Klanglandschaften. Eine fast tranceartige Atmosphäre entfaltet sich, ähnlich den frühen Werken von Naglfar. Doch es fehlt deren Hang zu aggressiverer Produktion. Die rohe, aber klare Klangästhetik betont vielmehr die emotionale Tiefe. Sie unterstreicht die introspektive Qualität der Musik.
Auch Fans von Sacramentums „Far Away from the Sun“ kommen hier auf ihre Kosten. Das gilt besonders für Songs wie „Gardens of Pestilence“ oder dem Titeltrack „The Everlorn“. Sie weisen eine ähnliche Mischung aus Verzweiflung, Erhabenheit wie auch Melodie auf. Die Produktion wirkt bewusst natürlich, ohne übermäßigen Studioglanz. Das verleiht dem Album eine authentische und zeitlose Ausstrahlung.
„The Everlorn“ ist ein Triumph für alle, die den melodischen Black Metal der 90er verehren. Sinira vollbringt das Kunststück, den Geist von Bands wie Dissection, Unanimated sowie Dawn in die Gegenwart zu transportieren. Dabei verfällt die Band nicht in reine Retro-Manie. Es ist ein Album, das nicht nur Respekt zollt, sondern inspiriert. Es ist traurig, erhaben und aufrichtig in seiner Hingabe an eine längst vergangene, aber nie vergessene Ära des Black Metal.