Antichrist – Sinful Birth

17. Juni 2017
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In den vergangenen sechs Jahren mussten Anhänger von ANTICHRIST enorm viel Geduld aufbringen, liegt das letzte und zugleich einzige Album der schwedischen Thrasher bereits derart lange zurück, sodass neues Material bereits sehnlichst herbeigewünscht wurde. Zwar mindert die beträchtliche Entstehungsphase das Risiko, dass es sich nach dem großen Erfolg von “FORBIDDEN WORLD“ bei der neuen Platte um einen voreiligen Schnellschuss handelt, gleichzeitig besteht bei einer mehrjährigen Abstinez natürlich immer die Gefahr, dass sich eine Kapelle zwischenzeitlich musikalisch weiterentwickelt und dabei allzuweit von ihren einstigen Werken entfernt hat. Es darf im Falle des vorliegenden “SINFUL BIRTH“ allerdings Entwarnung gegeben werden, klingen ANTICHRIST auf ihrem zweiten Output kein bisschen gereift oder gar erwachsen.

Eindrucksvoll beweisen die fünf Recken aus Växjö, dass sie nicht einen Hauch ihres Aggressionspotentials verloren haben, indem sie eine dreiviertelstündige Rifforgie abliefern, die POSSESSED oder DESTRUCTION zu ihren Hochzeiten in den 80ern wohl kaum besser hinbekommen hätten. Fast völlig ohne Verschnaufspause wird das Gaspedal auf “SINFUL BIRTH“ bis zum Anschlag durchgetreten, wobei die neun Tracks dank einer vielschichtigen Instrumentalarbeit davor bewahrt werden, in stumpfe, monotone Raserei abzudriften. Eine besonders wichtige Stellung nehmen hierbei die beiden Sechssaiter ein, die sich trotz des altbackenen und rohen Charakters von “SINFUL BIRTH“ als ausgesprochen anspruchsvoll bedient erweisen und ein ebenso temporeiches wie verworrenes Riffing abliefern, dem es zu keiner Sekunde an durchschlagender Energie fehlt.

Zumindest ab und an lassen ANTICHRIST den sogar vor der heimischen Anlage ins Schwitzen kommende Hörer kurzzeitig durchatmen und das wahnwitzige Geschrei von Anton Sunesson verstummt für wenige Momente, in denen wie etwa in “The Black Pharao“ oder “Burned Beyond Recognition“ stattdessen flirrende Soli und melodische Leads aufkeimen, die den Stücken eine völlig neue Seite mit atmosphärischer Tiefe verleihen. Ein besonderes Experiment in dieser Hinsicht wagen die Schweden in “Chernobyl 1986“ – einem 10-minütigen Instrumentalstück, das sich vorwiegend im rhythmischen Midtempo bewegt und neben russischen Sprachsamples zahlreiche stimmungsvolle Melodien bereithält. Zwar mag der Track ein wenig zu sehr in die Länge gezogen sein, eine interessante Auflockerung vor dem brachialen Finale mit “Fall Of The Temple Of Solomon“ ist er zweifelsohne trotzdem.

Schlussendlich ist “SINFUL BIRTH“ nach Verklingen des letzten Tones ein starkes Album mit rotzigem Thrash Metal nach ganz und gar traditionellem Rezept. Einzig ein paar wirklich herausragende Stücke, die langfristig im Gehör hängen bleiben, fehlen der Platte leider gänzlich. Insofern ist das von I Hate Records veröffentlichte Zweitwerk von ANTICHRIST wohl am ehesten zum Genuss bei einer feucht-fröhlichen Feier geeignet.

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