Carpe Noctem – Vitrun

In den letzten paar Jahren erlebte Island einen enormen Anstieg an neuen Bands im schwarzmetallischen Sektor, wie ihn zuvor wohl nur Norwegen zu Beginn der zweiten Welle vor beinahe drei Dekaden gesehen hat. Trotz der Tatsache, dass seit dem Erfolg von SVARTIDAUƉI zahlreiche junge Formationen wie Pilze aus dem Boden rund um Reykjavík schießen, steigt die Anzahl der an diesen Gruppen beteiligten Musiker nur unmerklich, scheint es für Isländer doch zum guten Ton zu gehören, gleich in mehreren Projekten involviert zu sein. Nun, dies sorgt sicherlich für einen engen Zusammenhalt der Szene, bringt es jedoch gleichzeitig mit sich, dass sich die Bands teilweise mitunter nicht allzu stark voneinander unterscheiden können, sind doch oft die selben Personen für das Songwriting zuständig.

Auf dem hier vorliegenden zweiten Langspieler von CARPE NOCTEM aus der isländischen Hauptstadt sind mehrere Musiker von Kapellen wie MISÞYRMING, NAƉRA und ÁRSTĺƉIR lĺFSINS vertreten, was es zwangsläufig mit sich bringt, dass zumindest gewisse Parallelen zu eben diesen Bands herauszuhören sind. Konkret bedeutet dies, dass das “VITRUN“ betitelte Werk von reichlich dissonantem Riffing und sperrigen Songstrukturen lebt und somit sämtliche Trademarks des Icelandic Black Metals erfüllt. In den zum Teil sehr langen Kompositionen erschafft die Truppe ein intensives Geflecht aus sowohl ungestümen, als auch düster-bedrohlichen Passagen, die den beklemmenden Charakter des schlichten Artworks akustisch perfekt umsetzen. Nur selten greifen CARPE NOCTEM auf traditionelle Elemente wie rasante Tremolos zurück, sondern entführen den Hörer lieber in ein undurchdringliches Labyrinth aus teils hektischen, teils schleppenden Instrumentalpassagen, die mit sehr bizarren Gitarrenleads angereichert werden.

Zweifelsohne überzeugt “VITRUN“ mit einer handwerklich beeindruckenden Leistung, die stellenweise sehr extravagante Ideen bereithält. Gleichzeitig erweist sich das Album in seiner Gesamtheit als zu wenig eigenständig, vermeiden es CARPE NOCTEM doch, sich allzu stark von den genannten Kollegen abzusetzen, wenngleich dies problemlos möglich wäre, wie etwa “Sá Sem Slítur Vængi Flugunnar Hefur Náð Hugljómun“ mit einer recht eigenwilligen Gitarrenarbeit zeigt.

Insofern ist “VITRUN“ eine gute Platte; dabei aber letztendlich nur eine von vielen schwarz-metallischen Veröffentlichungen der letzten Monate aus dem Land der Geysire. Wer es gerne verschachtelt und leicht chaotisch mag, sollte sich trotzdem einmal näher mit CARPE NOCTEM befassen, auch wenn es nicht wirklich viel Neues zu entdecken gibt.

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