Karg – Weltenasche
Einige Jahre bevor er HARAKIRI FOR THE SKY gemeinsam mit seinem ebenfalls österreichischen Kollegen M.S. ins Leben rief, tobte sich J.J. bereits mit KARG in der schwarzmetallischen Szene aus und vermengte auf den ersten Werken des Projektes einen rohen und ursprünglichen Sound mit verschiedenen Elementen aus Depressive Black Metal sowie Ambient. Trotz des enormen Erfolges von HARAKIRI FOR THE SKY und dem damit verbundenen Zeitaufwand für sowohl Songwriting als auch Liveshows, hält J.J. sein Soloprojekt weiterhin am Leben und veröffentlichte mit “WELTENASCHE“ erst kürzlich wieder einen neuen Langspieler, den mittlerweile fünften in nur einem Jahrzehnt.
Natürlich klingt das Schaffen von KARG nach all dieser Zeit nicht mehr wie auf den frühen Platten, agiert auf dem aktuellen Album immerhin ein hörbar gereifter Musiker, dem wesentlich bessere Möglichkeiten zur Umsetzung seiner musikalischen Visionen zur Verfügung stehen dürften. Dabei hat sich an der grundsätzlichen stilistischen Ausrichtung von KARG gar nicht allzuviel geändert. Zwar ist der einst starke Einfluss des skandinavischen Black Metals nahezu vollständig gewichen, sodass auf “WELTENASCHE“ weder frostig klirrende Gitarren, noch heiser keifende Vocals zu hören sind, der melancholische und triste Tenor der zumeist sehr langen Tracks ist allerdings gleich geblieben.
Zu den übrig gebliebenen Anleihen des ruppigen Black Metals gesellen sich in Titeln wie “Crevasse“ oder “So lange das Herz schlägt…“ verspielter Post-Rock mit sanften Melodien und schwelgerischer Shoegaze mit leidenschaftlichem Riffing, sodass das Album insgesamt einen sehr modernen Charakter aufweist, der in die gleiche Kerbe wie die Werke von ANOMALIE oder HARAKIRI FOR THE SKY schlägt. Es eröffnen sich ausladende Klangwelten mit einer vielschichtigen Instrumentalarbeit, in der sich starke Leads, ein druckvolles Drumming und atmosphärische Zwischenparts mit zerbrechlich wirkenden Harmonien zu einem intensiven Geflecht zusammenfügen. Dieses versteht zwar hervorragend den Hörer vor der heimischen Anlage zu fesseln und die erhabene kalte Atmosphäre der einzelnen Songs entfaltet sich erst mit fortschreitender Spielzeit so richtig, ob es allerdings notwendig war “WELTENASCHE“ auf weit mehr als eine Stunde auszudehnen sei einmal dahingestellt.
Für den besonderen Charme des Langspielers sorgen letztendlich die elegischen Vocals, die nicht nur kehlig und mehr gesprochen als gesungen ausfallen, sondern zudem im tiefsten österreichischen Dialekt vorgetragen werden. Dies fällt nicht unbedingt sofort auf, trägt aber vor allem im von verträumten Akustikgitarren getragenen “Spuren im Schnee“ oder der schwermütigen Einleitung von “…und blicke doch mit Wut zurück“ mit Klargesang essentiell zur wehmütigen Stimmung bei.
KARG haben eine beachtliche musikalische Entwicklung vollzogen, die den Liebhabern der eher harschen Anfangstage zwar keinesfalls gefallen wird, dafür Fans von ANOMALIE und HARAKIRI FOR THE SKY umso mehr ansprechen sollte. Ein bisschen Geduld ist sicherlich nötig, sich in den 70-minütigen Rundling einzufinden, doch belohnt “WELTENASCHE“ diese mit ergreifenden Songs.