Vielseitigkeit ist ein zweischneidiges Schwert. Mangel und Überfluss können, müssen jedoch nicht zwangsweise, eine deutliche Abwertung des angebotenen Produktes, in unserem Falle Tonkunst, auslösen. Ausgewogenheit gilt daher seit Anbeginn der Zeit als angestrebtes und erreichenswertes Optimum, welches zu perfektionieren nur Wenige im Stande sind.
Um dieser philosophisch angehauchten Ausführung etwas Seele zu verleihen sollen die obenstehenden Wortverflechtungen an einem konkreten Beispiel, in diesem Falle dem vierten Studioalbum “DORN“ des bayrischen Einmannprojektes LEICHENBRAND, vereinfacht dargestellt werden.
Der Musik LEICHENBRANDs darf ohne Zögern das Signum „vielseitig“ zugesprochen werden, wie aus dem obigen Beitrag bereits zu erahnen war. Markus Stöcker, Kopf hinter besagtem Projekt, verarbeitet auf “DORN“ Einflüsse vielschichtiger Art die von ungezügeltem Schwarzstahl über Gothic bis hin zu Elektro reichen. Eine genau Kategorisierung des Gebotenen fällt schwer, unterstreicht aber somit zumindest den Charakter der Vielseitigkeit.
In rauem Klanggewand bietet “DORN“ zwölf Stücke die sich über eine Spielzeit von knapp einer Stunde erstrecken. Das Grundgerüst der Stücke bilden melodische Gitarren die, leider, von einem elektronischen Schlagwerker begleitet werden. Die Klangwerke bewegen sich zumeist im Midtempo-Bereich, brechen hie und da aber aus dem Korsett dessen aus um für kurze Zeit ihr Wohl in schnelleren Gangarten zu suchen. Vielerorts wurden Keyboard bzw. Synth-Passagen eingeflochten die zusätzlich Klangfärbungen einstreuen. Verziert werden die Stücke vom stets verzerrt dargebotenen Gesang Markus Stöckers der nach Belieben zwischen Kreisch- und Klargesang wechselt.
Die Mélange aus all diesen Elementen mag, in Verbindung mit der vorhergehenden Beschreibung des Klangspektrums, vielerorts für Unschlüssigkeit bezüglich der Qualität des Materials sorgen und in der Tat ist “DORN“ ein Werk voller Wendungen, Überraschungen, gelungenen und weniger gelungenen Elementen die in Klangform komprimiert auf den Hörer einströmen.
Ob Gefallen oder Missfallen hierbei die Überhand gewinnt bleibt einzig und allein dem Geschmack des Konsumenten überlassen. Musikliebhaber extremer Klänge, die nicht auf ein Genre fixiert sind und zusätzlich wenig Wert auf die lyrische Ausgestaltung der Musik legen können mit “DORN“ glücklich werden. Puristen sei an dieser Stelle abgeraten.