Scald – Ancient Doom Metal
Als der damals gerade erst 24-jährige Maxim „Agyl“ Andrianov am 06.09.1997 bei einem tragischen Unfall verstarb, wurde nicht nur ein viel zu junges Leben brutal ausgelöscht, sondern mit SCALD auch eine extrem talentierte und aufstrebende Kapelle aufgelöst, die mit „WILL OF GODS IS A GREAT POWER“ nur kurze Zeit zuvor ein grandioses Debütalbum veröffentlicht hatte, das bis heute als absoluter Klassiker des Doom Metals gilt. Für viele Jahre wurde die russische Formation als für immer begraben gehandelt, bis diese in 2019 ihre überraschende Rückkehr verkündete, die mit einem triumphalen Auftritt auf dem HAMMER OF DOOM im fränkischen Würzburg zelebriert wurde.
Der vermutlich schwierigste Knackpunkt für diese von vielen herbeigesehnte Reunion, dürfte wohl die Suche nach einem passenden Sänger gewesen sein, dem es gelingt, das enorme Erbe von „Agyl“ würdevoll anzutreten. Glücklicherweise bewiesen SCALD bei dieser Wahl ein sehr glückliches Händchen, wurde mit Felipe Plaza Kutzbach ein absoluter Ausnahmesänger auserkoren, der neben seinen eigenen Projekten ebenfalls schon SOLSTICE seine markante Stimme lieh. Dass es diesem nicht nur auf der Bühne gelingt, den einzigartigen Spirit der kultigen Truppe einzufangen, sondern auch auf neuen Aufnahmen fortzuführen, bewies er bereits vor drei Jahren auf der als „THERE FLIES OUR WAIL!“ betitelten EP. Nach diesem ersten, kurzen Vorgeschmack, liegt nun ein neuer Langspieler von SCALD vor, der sehr bedeutungsschwanger auf „ANCIENT DOOM METAL“ getauft wurde.
Die sieben frischen Kompositionen, die es auf eine beachtliche 50-minütige Spielzeit bringen, halten dabei genau das, was dieser einschlägige Titel verspricht. In den fast drei Dekaden ihrer Abstinenz, haben die vier Russen ihr feines Gespür für ein majestätisches Songwriting nicht verloren und präsentieren epische Hymnen, die in ihrer Erhabenheit nahezu nahtlos an „WILL OF GODS IS A GREAT POWER“ anknüpfen können. Trotz des durchgängig schleppenden Tempos, in dem sich „ANCIENT DOOM METAL“ bewegt, stellt sich nie Langeweile ein, da SCALD mit den vielen wunderschönen Melodien der beiden Sechssaiter immer wieder neue Höhepunkte setzen können und für ansprechende Abwechslung sorgen. Besonders gelungen erweisen sich in dieser Hinsicht sowohl „Young God Resurrected“ sowie „ALU (My Protection)“ mit ihrer emotionalen Gitarrenarbeit, der sich die kraftvollen Vocals von Felipe Plaza Kutzbach perfekt anpassen. Dass der gebürtige Chilene die ultimative Stimme für diese Art schwelgender Musik besitzt, sollte schon seit einigen Jahren bekannt sein und auch hier enttäuscht er keinesfalls, wenn er etwa den dezent an BATHORY erinnernden Refrain von „Master Of The Lake“ inbrünstig intoniert oder zu den von stimmungsvollen Keyboards untermalten Riffs des theatralischen Titeltracks von in die tosende See stechenden Drachenbooten erzählt.
Trotzdem wäre es nicht richtig, zu sagen, dass die neue Platte genauso klingt, wie einst das heute kultige Debütwerk. Denn natürlich verleiht schon die andere Stimmfarbe den neuen Songs einen eigenen Charakter, verzichtet Kutzbach darauf, versuchen zu wollen, seinen Vorgänger zu imitieren, was durchaus positiv zu werten ist. Zudem wurde „ANCIENT DOOM METAL“ in einer ganz anderen Zeit aufgenommen und gemastert, sodass eine völlig andere Produktion mit einem sicher differenzierteren und klareren Sound vorliegt. Dies wirkt sich ebenfalls auf das Hörerlebnis aus, klingt „WILL OF GODS IS A GREAT POWER“ doch eine ganze Ecke kauziger und kantiger. Dieser zeitgemäßere Charakter war sicherlich unvermeidlich und muss dabei nicht wirklich ein Nachteil sein, ist das Album weit davon entfernt, überproduziert oder glatt zu klingen. Insofern ist ihre überraschende Rückkehr für SCALD ein voller Erfolg geworden, der ihnen wahrlich zu gönnen ist. Es bleibt ihnen zu wünschen, dass sie trotz des noch immer andauernden Krieges irgendwie die Möglichkeit bekommen, auch wieder die Bühnen dieser Welt zu betreten, um ihre Reunion angemessen zu zelebrieren.