Vor wenigen Wochen erschien mit “BLÜEDEEP“ der zweite Langspieler vom KRÖWNN, auf dem ein weiteres Mal wunderbar kauziger Doom Metal mit einer Prise sphärischen Stoner Rocks präsentiert wurde. Leider ist die Truppe aus Italien hierzulande noch nicht sonderlich bekannt. Daher haben wir Michele, seines Zeichens Sänger und Gitarrist des Quartetts, zu einem Gespräch eingeladen, in dem er uns etwas über den Herkunft des Namens der Band, deren musikalischen Einflüsse und seine Liebe zu Fantasyliteratur erzählt.
I. Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Wie geht es Euch, seid Ihr gut ins neues Jahr gestartet? Habt Ihr gute Vorsätze für 2020? Ich vermute mal, aufhören zu Rauchen und weniger Alkohol trinken?!
Hi, es ist uns ein Vergnügen. Das Jahr begann ziemlich gut, da die neue Platte herauskam und wir eine Menge großartiger Kritiken und Rückmeldungen erhielten, also sind wir motiviert und glücklich. Aber ich bin mir auch absolut sicher, dass wir nicht aufhören werden zu trinken und zu rauchen, da dies unsere Musik sonst negativ beeinflussen würde, haha!
II. Bevor wir uns Eurem neusten Album widmen, erläutere uns doch bitte mal die Herkunft Eures Namens? Welche genaue Bedeutung versteckt sich hinter KRÖWNN?
Damals zu unseren Zeiten als Power-Trio hatten wir viele Gespräche darüber, wie wir uns nennen wollten und eine große Auswahl an möglichen Namen zusammen. Wir suchten etwas ziemlich Kurzes, an das man sich leicht erinnern konnte und versuchten all diese super hippen und an SABBATH erinnernden Wörter zu vermeiden. Da wir Texte über Fantasy und Fiktion schreiben wollten, begannen wir mit dem Wort CROWN, das ziemlich gut zu dieser Stimmung passt und haben die Optik ein wenig verändert. Schade, dass SWORD schon vergeben war, haha!
Hast du jemals von „Corona“ gehört? (Anm. d. Red.: gemeint ist der Siegeskranz der griechichen und römischen Antike)
III. Ihr habt ziemlich offenbar eine Schwäche für Umlaute. Erfüllen diese lediglich einen visuellen Zweck, wie etwa bei MOTÖRHEAD oder steckt mehr dahinter?
Unsere Nutzung von Umlauten ist in erster Linie eine Hommage an Lemmy’s Idee, es ist ein Tribut. Aber es gibt unserem Namen auch einen gewissen Kraut-Rock-Charme und es ist lustig zu hören, wie buchstäblich jeder ihn anders ausspricht. Im gleichen Zug verwenden wir Doppelkonsonanten in den Titeln, so wie in unserem Namen. Zudem denke ich, dass es jedes Wort in einen Charakter oder eine krassen Fähigkeit aus Dungeons & Dragons verwandelt, haha.
IV. Vor wenigen Wochen habt Ihr mit “BLÜEDEEP“ ein neues Album veröffentlicht. Für dieses habt Ihr Euch ziemlich viel Zeit gelassen. Woran lag es, dass volle fünf Jahre ins Land gezogen sind, während “MAGMAFRÖST“ damals nur ein knappes Jahr nach “HYBORIAN AGE“ fertig war? Besonders für junge Bands ist es oft fatal, kurz nach dem Start gleich wieder eine solch lange Pause einzulegen, gerät man doch bei der heutigen Schnelllebigkeit gerne wieder in Vergessenheit.
Die Zeit vergeht wie im Fluge, das Leben hält dich auf Trab und es ist ein wenig seltsam, eine Doom-Band zu bitten, die Dinge schnell anzugehen. Wir sind nur ein Haufen von Jungs und Mädels, die gerne zusammen Musik spielen und es lieben, etwas aufzunehmen, wenn es und etwas bedeutet und sinnvoll ist. Zunächst mussten wir eine ganze Menge von Riffs zusammenbringen, die wir in diesen Jahren geschrieben haben und diese auf eine Weise vereinen, die alle zufriedenstellte. Wir sind eine demokratische Band, mehr oder weniger, haha. Der Beitritt von Nicola als neues Mitglied brauchte seine natürliche Zeit, bis er und wir gut miteinander auskamen, was ehrlich gesagt nicht so lange dauerte, wie wir alle erwartet hatten. Ich kann sagen, dass die Hälfte der Songs von MAGMAFRÖST bereits geschrieben war, als wir HYBORIAN AGE aufgenommen haben. Meiner Meinung nach, können sie als eine Platte mit zwei Kapiteln betrachtet werden.
V. Nach dieser langen Zeit hätte ich persönlich eine stärkere stilistische Weiterentwicklung erwartet, aber im Grunde seid ihr Eurem Sound sehr treu geblieben, was durchaus positiv zu bewerten ist. Klar, die Songs auf “BLÜEDEEP“ sind deutlich länger und bieten der atmosphärischen Komponente mehr Raum, um sich zu entfalten. Betrachtet man allerdings die Basis der Stücke, fällt schnell auf, dass auf mehr oder weniger die gleichen Bausteine zurückgegriffen wird. Teilst Du diese Meinung und wo siehst Du die größten Unterschiede zwischen “MAGMAFRÖST“ und “BLÜEDEEP“?
Ich stimme zu.
Ich denke, die coolste Sache, die man beim Erschaffen von Musik erreichen kann, ist einen Sound und Riffs zu definieren, die ein schnell erkennbares Markenzeichen deiner Band werden, sodass im Grunde jede Platte gleich bleibt und nur mehr Energie erhält.
Das trifft auch auf die Texte zu. Beim ersten Mal nutzt du die Idee von anderen Leuten, beim zweiten Mal greifst du auf weitere Referenzen zurück und erschaffts dein eigenes Multiversum und beim dritten Mal hast du deine eigene Geschichte von Anfang bis zum Ende.
Alle drei Platten wurden in einem Zug aufgenommen, so dass der Klang einheitlich und seinen Ursprüngen treu bleibt. Ich denke, wir sind eine etwas nerdige Band im Hinblick auf diese Art irrelevantener Details.
VI. Ihr habt seit zwei Jahren mit Nicola Bordignon einen weiteren Gitarristen in der Band, der Eurem Sound vor allem bei Auftritten sicherlich eine ganze Menge mehr Wucht und Dynamik verleihen kann. Wart ihr aktiv auf der Suche nach Verstärkung oder habt ihr Nicola getroffen und einfach gedacht „Hey, das passt!“? Haben sich auf Grund der erweiterten Besetzung grundlegende Änderungen im Songwritingprozess für “BLÜEDEEP“ ergeben?
Ich, Silvia und Elena, sprachen ein bisschen darüber, eine zweite Gitarre zu haben, die die neuen Songs, an denen wir schrieben, kraftvoller und harmonischer machen würde. Wir hatten ein paar Leute im Sinn, aber wir waren uns alle einig, dass Nicola die richtige Person war, musikalisch und menschlich gesehen. Wir kennen uns seit vielen Jahren und sind sehr gut befreundet und haben auch gemeinsame musikalische Erfahrung, da er tatsächlich mit Silvia bei Garadiabolos spielt und er hat in der Vergangenheit schon in anderen Bands mit mir gespielt. Er war auch der Typ, der uns Kaffee gebracht hat, als wir MAGMAFRÖST aufgenommen haben, daher ist er ein absolut vertrauenswürdiger Lebensretter, haha!
VII. Zwar lassen sich Eure Songs mit dem Schaffen von THE GATES OF SLUMBER oder ähnlichen Bands vergleichen, doch habt Ihr Euch nie nur auf traditionellen Doom Metal beschränkt und so finden sich viele Parallelen zu ELECTRIC WIZARD oder SLEEP und teilweise erinnert mich die groovige Stimmung mancher Passagen sogar an die frühen Werke von KYUSS. Sind es tatsächlich diese Bands, die Euch inspiriert haben oder welche anderen Einflüsse prägen den Sound von KRÖWNN?
Nun, solange du auch zusammen spielst, du musst an einem Punkt anfangen und die Bands, die du genannt hast, waren die ersten klaren Einflüsse in unserem Sound. Tatsächlich hört jeder von uns viele verschiedene Genres aus einer weiten Bandbreite, also mischten wir andere alte, aber wichtige Einflüsse wie Danzig und alte Metallica, sowohl hinsichtlich des Riffings, als auch des Gesangs. Darauf sind wir stolz.
VIII. Kannst Du uns etwas zum lyrischen Konzept des Albums verraten? Zwar lassen Titel wie “Drowning“, “Kraaken“ oder “Crowning Of The Seas“ schon erahnen, dass Ihr Euch mit dem Ozean auseinandersetzt, aber steht dabei jeder Titel für sich alleine oder erzählt Ihr mit der Platte eine zusammenhängende Geschichte?
Das Konzept des Albums hat drei Gesichter, die alle Metaphern darstellen, die sich auf das Meer fokusieren.
Wir leben und lieben unsere Stadt Venedig, die auf dem Wasser liegt. Es kann schön sein, aber auch schrecklich, wie in der jüngsten Zeit mit den Überflutungen.
In zweiter Linie ist es eine dunkle Fantasy-Fabel, die Elemente aus mittelalterlichen Meeresfolklore-geschichten enthält, nerdiges Zeug und H.P. Lovecraft. Wir hatten viele Fantasy-Autoren in der Diskussion, aber dieses Mal geht es im Grunde um ihn.
Drittens ist es eine Methapher für einen Mann, der in einem krankhaften Strudel in seinem Gehirn ertrinkt, was ich für eine realitische und normale Geschichte halte, die jedem jeden Tag passieren kann.
IX. In welchem Zusammenhang steht dabei das Mischwesen des Artworks, das gleichzeitig sehr menschlische Züge, als auch Eigenschaften eines Fisches aufweist?
Es ist eine Art heilige Gebetsikone des Mittelalters, die von den unbekannten Untiefen des Meeres entstellt und verdunkelt wurde, sowohl spirituell, als auch ästhetisch. Es passt zudem gut als Cover für ein schwarzen Märchenbuch. Ich betrachte BLÜEDEEP als ein Hörbuch, ein sehr heftiges, so wie Du sie gehört hast, wenn du ein Kind in den 80ern gewesen bist.
X. In den Lyrics Eurer ersten beiden Werke taucht Ihr tief in die Phantasiewelten von Autoren wie J.R.R. Tolkien, Robert E. Howard oder Michael Morrock ein. Was fasziniert Euch derart an Werke wie “Der Herr der Ringe“ oder “Conan“? Kannst Du aktuelle Romane empfehlen, die es Deiner Meinung nach schaffen, das Erbe dieser Klassiker angemessen fortzuführen?
Da ich ein Fantasy-Anhänger solange ich zurück denken kann, muss ich sagen, dass es heutzutage ein sehr vorteilhaftes Leben ist, wenn man Die-Hard-Fan ist. In nur wenigen Tagen bekommst du alles in jeder Form und Facette die du magst. Von den eher zarten und gewöhnlichen, bis zu den dunklen, verdrehten und perversen Sachen. Es ist toll!
Leute, die sich nicht für das Genre interessiert haben, ändern ihre Ansichten mit Serien wie Game Of Thrones oder anderen berühmten Titeln, sodass ich hoffe, dass sogar die auf Fantasy basierte Musikszene eine Menge neuen coolen Scheiß zum Hören daraus machen kann.
Der Herr Der Ringe und Conan waren meine ersten Lieben, die ersten Bücher, auf die du Zugriff im Genre hattest. Sie offenbarten mir eine erweiterte Vorstellungswelt von dem, was ich schon als Kind an Cartoons oder altbekannten Filmen wie Die Unendliche Geschichte oder Legende geliebt habe. In vielerlei Hinsicht sind sie auch motivierend.
Und ja, ich liebe Schwerter.
Mein Tipp ist immer, auf das Buch mit dem visuell ansprechendsten Cover zu setzen, das du finden kannst und du bekommst krasses Zeug oder wirklich schreckliches und so entwickelst du deinen Geschmack im Genre, haha!
XI. Ihr kommt aus Venedig und vermutlich denkt fast jeder Leser dieser Zeilen bei diesem Namen erst eimal an endlose Touristenströme und inszenierten Kitsch zur Befriedigung der Massen. Was hat die Stadt für den Liebhaber harter Klänge zu bieten? Gibt es eine aktive Szene mit Clubs, Konzerten und anderen Bands?
Venedig ist eine ganz andere Stadt als jede andere, daher hat sie ihre eigenen Regeln für das Leben oder den Besuch.
Sie hat eine schöne sonnige Seite, Architektur, einzigartige Orte und Landschaften.
Sie kann auch im Nebel verdunkeln und manchmal irgendwie gruselig und gotisch sein. Dies spiegelt sich in der Art des Handelns und Lebens der Bewohnern wider, was absolut interessant ist.
Viele Menschen, nicht nur Ausländer, betrachten die Stadt als ein Freilichtmuseum mit einer Prise Disneyland, was meiner Meinung nach absolut respektlos ist.
Wir haben ein großes Gebiet auf dem Festland mit vielen interessanten Veranstaltungen und Austragungsorten und bezogen auf harte Musik, eine Unmenge von Bands, die sehr interessant und teilweise auch bekannt sind. Zweifellos gibt es hier das größte Hardcore-Punk-Festival in Italien.
XII. Habt Ihr vor der Gründung von KRÖWNN bereits in anderen Bands erste Erfahrungen gesammelt oder habt Ihr alle jungfräulich zueinander gefunden?
Ja, wir haben alle in unserer Vergangenheit in anderen Bands gespielt, auch zusammen, da wir an einem kleinen Ort leben, in dem du Leute aussuchst, denen du vertrauen kannst und dann mehrere Projekte mir ihnen machst. Keine dieser Bands hatte was mit dem zu tun, was wir jetzt machen, außer, dass uns die alten Einflüsse noch immer glücklich zusammen halten lassen, wie ich schon gesagt habe, haha.
XIII. Bislang sind alle Eure Veröffentlichungen als MC, CD sowie LP erschienen beziehungsweise wird dies bei “BLÜEDEEP“ noch folgen. Ist eine MC für Dich noch ein relevantes und konkurenzfähiges Format oder nur noch ein Relikt aus einer vergangenen Zeit mit hohem Nostalgiewert? Welches Format bevorzugst Du persönlich? Wird Deine eigene Sammlung eher von CDs, Vinyl oder Tapes dominiert?
Tapes waren das erste und geliebteste Format, mit dem ich Musik seit meiner Kindheit kennenlernte.
Ich denke, es ist eher ein Symbol für eine Einstellung und auch ein bisschen ein Fetisch. Ich stehe total auf Tapes.
Ich besitze eine total chaotische Sammlung, was Formate betrifft. Eigentlich mag ich darüber hinaus noch Vinyl und Spotify, aus zeitlichen Gründen, haha!
XIV. Wie sehen Eure weiteren Pläne für 2020 aus? Wollt Ihr gleich weiter an neuen Songs schreiben oder werdet Ihr den Fokus auf Shows legen?
Wir schreiben bereits neues Zeug und planen also bald neue Veröffentlichungen fertig zu haben. Und ja, so viel live spielen, wie wir können. Ein paar Videos soll es ebenfalls geben.
XV. Die letzten Worte gehören Euch…
Wir sehen uns unterwegs, vielen Dank für die Plauderei.
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