Hail Spirit Noir – Mayhem In Blue

18. März 2017
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Es sind fast ausnahmslos norwegische Bands, die bei Dark Essence Records aus Bergen unter Vertrag stehen. Daher ist es in gewisser Weise schon eine kleine Besonderheit, wenn mit HAIL SPIRIT NOIR neben LUCIFER’S CHILD plötzlich eine weitere griechische Formation in den Reihen des Labels auftaucht. Offensichtlich sind die Skandinavier in letzter Zeit gezielt auf der Suche nach Kapellen mit einem ausgefallenen Sound, schlugen erst kürzlich BLACK HOLE GENERATOR mit ihrem Debüt sehr experimentelle Klänge an. Den drei Herren aus Thessaloniki gelingt es auf “MAYHEM IN BLUE“ allerdings wesentlich besser, eine verstörende Atmosphäre zu erzeugen, als der Gruppe um Bjørnar Nilsen.

Auf ihrem bislang dritten Album wird die aggressive Seite von HAIL SPIRIT NOIR stärker in den Fokus gerückt, so zumindest die Aussage des hellenischen Trios, die sich gleich zu Beginn im eröffnenden “I Mean You Harm“ zu bewahrheiten scheint. Im kürzesten Song der Platte geht es mit dreckigem Black N‘ Roll sofort amtlich zur Sache, lassen es rotzige Riffs und lässige Leads zunächst gehörig rumpeln und poltern, bis absolut schräge Synthesizer die eingängigen Strukturen nach und nach in ein pfeifendes Chaos verwandeln. Ein wenig verwirrend ist dies natürlich schon, wirken die zum Teil fröhlich dudelnden elektronischen Klänge im ersten Moment vollkommen deplatziert und doch sind diese in den nachfolgenden fünf Stücken nicht weniger prägnant vertreten. Es dauert eine Weile, bis sich das Konzept von “MAYHEM IN BLUE“ erschliessen lässt, dem eine eigenwillige Vermengung von avantgardistischem Black Metal und 70’s Rock zu Grunde liegt, die mit allerlei psychedellischen Elementen angereichert wird.

Dies bringt es logischerweise mit sich, dass “MAYHEM IN BLUE“ ein Werk der krassen Kontraste ist, die von HAIL SPIRIT NOIR allerdings derart gekonnt miteinander verknüpft werden, dass die Platte trotzdem eine in sich konstante Einheit bildet. Daher stört es beim zweiten Durchlauf des 40-minütigen Rundling in keinster Weise mehr, dass auf den harschen Opener mit “Mayhem In Blue“ ein extrem ruhiger Songs folgt, der mit Akustikgitarren, verträumten Melodien und sanftem Klargesang aufwartet oder dass das stampfende “Riders To Utopia“ mit seinen röhrenden Sechssaitern von seltsamen Effekten durchzogen wird, die aus einem Science-Fiction-Hörspiel stammen könnten. Den wohl eindruckvollsten Titel des Albums stellt “Lost In Satan’s Charms“ dar, kann “Theoharis“ mit seinen emotionalen Vocals, die mal von furiosen Blasts und mal von wunderschönen Leads begleitet werden, hier besondere Akzente setzen. Highlight des Stückes ist trotzdem ein bizarres Sample zu Beginn und Ende des Songs, das an die Hintergrundmusik eines Kinderkarussells auf dem Jahrmarkt erinnert, hierfür aber eigentlich viel zu beklemmend ist. HAIL SPIRIT NOIR bleiben auf Dauer wandlungsfähig und lassen skurille Ideen nicht vermissen, so gibt es in “The Cannibal Tribe Came From The Sea“ nicht einfach düsteren Black Metal mit progressiv-doomigen Elementen und gepresstem Gekrächze zu hören, sondern ebenfalls eine Hammondorgel und sogar ein Didgeridoo. Erstaunlicherweise fügt sich all dies ebenso perfekt ins Gesamtbild von “MAYHEM IN BLUE“ ein, wie das abschließende poppig-jazzige “How To Fly In Blackness“ mit seinen warmen Basslinien und dezenten Blechbläsern, dem schwarzmetallische Akzente völlig fehlen.

Für die breite Masse ist “MAYHEM IN BLUE“ beim besten Willen nicht gedacht, ausreichend Liebhaber experimentellen Black Metals, die mit dem Schaffen von ORANSSI PAZUZU, VULTURE INDUSTRIES und ARCTURUS etwas anfangen können, dürften sich für HAIL SPIRIT NOIR trotzdem finden lassen. Interessenten sollten sich jedoch gar nicht erst einzelne Stücke raussuchen, sondern gleich das gesamte Werk einmal durchhören, um sich einen richtigen Eindruck zu verschaffen.

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