Lord Vicar – Gates Of Flesh
Für die Fans von LORD VICAR gab es in diesem Frühjahr gleich doppelt Grund zur Freude, kündigte die Truppe mit “GATES OF FLESH“ nicht nur ihren langerwarteten dritten Langspieler an, sondern fand in Sami Albert Hynninen zugleich einen mehr als würdigen Ersatz für den kürzlich leider ausgeschiedenen Jussi Myllykoski am Tieftöner. Zwar ist dieser auf dem neusten Output noch nicht zu hören, doch steht zumindest bei Liveshows der Kapelle ab sofort ein weiteres ex-Mitglied von REVEREND BIZARRE auf der Bühne. Abgesehen hiervon, darf sich bei zukünftigen Konzerten von LORD VICAR natürlich auf die Songs des neuen Albums gefreut werden, die wieder einmal das Herz eines jeden Doomjüngers aufgehen lassen dürften.
Dabei verzichten LORD VICAR auf ihrem neusten Werk darauf, allzuviel herumzuexperimentieren und knüpfen mit den sieben neuen Tracks des Werkes stattdessen recht eng an das bisherige Material von “FEAR NO PAIN“ und “SIGNS OF OSIRIS“ an, was allerdings beim besten Willen nicht bedeutet, dass auf “GATES OF FLESH“ alles beim Alten bleibt. Bereits ein rascher Blick auf die Spielzeiten zeigt, dass die Band offenbar ein völlig anderes Konzept verfolgt als bislang, fallen die Stücke doch wesentlich kürzer aus als auf den beiden Vorgängern. Es besteht allerdings kein Grund zur Sorge, sind doch sämtliche prägenden Trademarks von LORD VICAR nach wie vor enthalten, nur dass diese eben etwas kompakter arrangiert werden. Dies wird gleich zu Beginn in “Birth Of Wine“ deutlich, einem Song der enorm kraftvoll von kernigen und groovigen Riffs á la “A Man Called Horse“ oder “Pillars Under Water“ eröffnet wird, im weiteren Verlauf aber von ruhigen Passagen mit schwerfälligen Leads und dem gefühlvollen Gesang von “Chritus“ dominiert wird. Dieser recht wehmütige und traurige Tenor wird in “Breaking The Circle“ mit tonnenschweren erdrückenden Riffkolossen, die absolut mächtig von kraftvoll bedienten Drums untermauert werden, konsequent weitergeführt und in “A Woman Out Of Snow“ schließlich perfektioniert. Es ist das luftige Zusammenspiel der filigranen Akustikgitarren und gramerfüllten Vocals, die dieses Stück mit seinem verträumten Mittelpart zum interessantesten Titel des gesamten Albums machen. Natürlich geht es auf “GATES OF FLESH“ nicht nur derart melancholisch und finster zu, präsentiert sich etwa “Accidents“ deutlich flotter mit kauzigem Riffing allererster Güte, wohingegen “The Green Man“ sich in einem stampfenden Midtempo vorwärtsschleppt und in einem tollen Refrain gipfelt, in dem sich “Chritus“ voller Inbrunst in Szene setzt.
LORD VICAR liefern mit “GATES OF FLESH“ eine Platte ab, die mehr als gute Chancen hat, das Genrehighlight des Jahres zu werden, gelingt es doch kaum einer anderen Formation jüngeren Datums mit derart viel Gefühl und Authentizität zu glänzen. Somit geht der Plan von Kimi Kärki und seiner Mannschaft bestens auf, erweisen sich die eher kurzen Songs als genauso viel LORD VICAR wie beispielsweise “The Fear Of Being Crushed“ oder “The Funeral Pyre“ von den früheren Platten. Für alle Liebhaber solch ausladender Hymnen findet sich mit “Leper, Leper“ zum Abschluss trotzdem noch ein wuchtiges Schwergewicht auf der rund 41-minütige Platte, das in exakt die epische Kerbe der genannten Titel schlägt.