Witcher – Néma gyász

19. Dezember 2020
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Anstatt sich direkt nach der Veröffentlichung ihres letzten Langspielers wieder mit dem Komponieren von frischem Material zu beschäftigen, haben sich WITCHER zunächst dazu entschlossen, ihre musikalische Vergangenheit aufzuarbeiten und ihre erste EP namens „NÉMA GYÁZ“ klangtechnisch aufzuwerten. Hierzu wurden die vier Songs des vor acht Jahren erschienenen Werkes sowohl neu abgemischt, als auch gemastered. Zudem wurde dem Reissue neben einem neuen Artwork auch noch ein viertelstündiger Bonustrack verpasst, sodass sich die überarbeitete Version des dreiviertelstündigen Rundlings durchaus sehen lassen kann.

Zwar ist die Produktion der ersten Auflage von „NÉMA GYÁZ“ beim besten Willen nicht so schlimm, als dass diese Optimierung nun zwingend erforderlich gewesen wäre, doch ertönt die EP nun natürlich doch schon viel kraftvoller und satter, ohne dabei aber ihren rohen Charakter zu verlieren. Dies ist insofern wichtig, als dass das Schaffen von WITCHER zu großen Teilen von diesem lebt. Trotz seines wesentlich differenzierteren Klangs, erweckt die Platte mit ihrem melodischen Black Metal noch immer den Eindruck, ein vergessenes Relikt der 90er Jahre und damals etwa zeitgleich mit den ersten Werken von SUMMONING oder DIMMU BORGIR erschienen zu sein. Das nicht allzu raffinierte Songwriting setzt vornehmlich auf üppige Keyboardarrangements, die fast durchgehend das dominierende Element sind, aber genau die richtige Portion nostalgischen Kitsch verbreiten, der vor mehr als zwei Dekaden von zahlreichen Kapellen eifrig produziert wurde. Auf diese Weise entstehen stimmungsvolle Arrangements, die zweifelsohne nicht den Anspruch haben, besonders originell oder versiert zu sein, fällt die Gitarrenarbeit trotz einiger gelungener Riffs eher schlicht aus, während das Schlagzeug programmiert ist. Dennoch funktioniert „NÉMA GYÁZ“ als das was es ist ziemlich gut, erweist sich die EP als mit viel Liebe zum Detail erschaffenes Werk, auf dem sich eingängige Melodienlinien mit sehnsüchtigen Motiven vereinen, die angenehm angestaubt klingen, sodass selbst ein 9-minütiger Instrumentalsong mit Ambientcharakter wie „Esőnap“ zu gefallen weiß. Beim überlangen Bonustrack handelt es sich mit „Keresztúton“ um einen bereits bekannten Titel, der ursprünglich im selben Jahr wie „NÉMA GYÁZ“ auf einer Splitveröffentlichung erschien und WITCHER von einer ungestümeren Seite zeigt.

Wem dieser keyboardlastige Sound schon vor einem Vierteljahrhundert nicht zugesagt hat, der muss sich vermutlich gar nicht erst lange mit „NÉMA GYÁZ“ auseinandersetzen. Alle anderen jedoch, dürfen sich von WITCHER mit auf eine kleine Zeitreise nehmen lassen, die sicherlich keine neuen Offenbarungen bereit hält, dafür aber schöne Erinnerungen hervorrufen wird.

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