Kürzlich haben PEST EMPIRE die Veröffentlichung ihres zweiten Werkes namens „ODE TO CHAOS“ angekündigt. Wir haben diesen Anlass genutzt, um bei dem düsteren Trio aus Speyer nach dem aktuellen Stand der Arbeiten zur neuen Platte nachzufragen und gleichzeitig einen Blick zurück auf die erste EP zu werfen.
I. Zunächst einmal besten Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview nehmt! In einigen Wochen erscheint mit “ODE TO CHAOS“ euer erster Langspieler. Wie weit seid ihr mit den Arbeiten an den Songs, gibt es noch viel zu tun?
Vielen Dank für die Gelegenheit so interessante Fragen beantworten zu dürfen. Zu Beginn sollten wir Dir und dem Leser wohl erst mal mitteilen, dass es sich bei „Ode To Chaos“ nicht um ein Album sondern wieder um eine EP handelt. Wie bei „Prophet“ befinden sich auf dieser drei Titel mit ähnlichen Laufzeiten. Die Aufnahmen sind im Kasten, werden derzeit abgemischt und das Artwork und CD-Design ist ebenfalls fertig.
II. Bevor wir über das neue Material sprechen, werfen wir einen Blick zurück auf eure EP. Ihr habt “PROPHET“ erstmals vor zwei Jahren in kompletter Eigenregie veröffentlicht und schließlich vor Kurzem nochmal neu aufgelegt. Oft nutzen Bands ein solches Re-Release um kleinere Änderungen an ihren Werken vorzunehmen, wie etwa ein anderes Artwork, ein optimierter Sound bis hin zu einer vollständigen Neuaufnahme. Habt ihr darüber nachgedacht “PROPHET“ in irgendeiner Weise einer derartigen Frischzellenkur zu unterziehen oder steht ihr solchen Modifikationen generell eher skeptisch gegenüber?
Der Grund für die Neuauflage von „Prophet“ war, dass die auf 100 Stück limitierte Erstauflage vergriffen war, neue Konzerte anstanden und weil eben Nachfrage bestand. Im Laufe der zwei Jahre seit der Veröffentlichung hat sich unser Gesangsstil und auch der Instrumental- bzw. Gesamtsound weiterentwickelt und auch der weibliche Gastgesang wurde zum festen Teil unserer Shows. So haben wir diese Gelegenheit genutzt, die Stücke lediglich neu einzusingen um sie auch quasi an unseren Live-Sound anzugleichen. Die Leute sollen das hören können, was sie auch live geboten bekommt.
III. Ihr verarbeitet auf “PROPHET“ in nur drei Songs sehr viele unterschiedliche Facetten, vereint Black, Doom und Death Metal miteinander, streut männlichen und weiblichen Klargesang ein und schafft auf diese Weise eure ganz eigenen Klangwelten. Was für eine Vision von PEST EMPIRE hattet ihr bei der Gründung vor vier Jahren und inwiefern konntet ihr diese Vorstellungen bislang umsetzen?
Von einer Vision können wir nur vage sprechen, das beißt sich mit unserem Blick auf die Welt. Der Grundgedanke von Pest Empire findet sich jedoch in jedem Song wieder. Auch auf der neuen Platte ist das Grundgerüst so, wie wir es uns seit der Gründung vorgestellt haben – schwer, dunkel, verborgen, gewaltbereit. Natürlich sind wir drei Individuen, die sich einer gemeinsamen Sache unterzuordnen haben und doch hat jeder die Gelegenheit, seinen eigenen Stil einzubringen. Das macht das Ganze hoffentlich für den Hörer spannend, da unsere musikalischen Schwerpunkte und Ideen nicht immer dieselben sind und dennoch vereint werden.
IV. Ihr erschafft auf “PROPHET“ mit all diesen Elementen enorm ausufernde Songstrukturen, beträgt etwa die Spielzeit von “Blood Meridian“ eine gute Viertelstunde. Leider verliert ihr euch zuweilen etwas in den langen Tracks, sodass diese ein trotz der einfallsreichen Ideen wenig unübersichtlich und ziellos wirken. Habt ihr das musikalische Konzept für “ODE TO CHAOS“ diesbezüglich etwas überarbeitet oder stimmt ihr dieser Kritik möglicherweise gar nicht zu?
Dieser Kritik über unsere langen, ausufernden Songs sind wir uns seit der ersten Review bewusst. Diese beeinflusst unser Songwriting aber eigentlich gar nicht. Warum auch, hehehe? Sich in den Songs oder vielmehr Riffs zu verlieren ist für uns eine ganz gewöhnliche Praxis wenn wir zusammen spielen, ich will nicht sagen spirituell aber dennoch sehr meditativ und außerhalb des gewöhnlichen Gefüges. Für uns selbst sehen wir das nicht als ziellos an, sondern als Versinken in Melodien, Arrangements und Gefühlen ohne auf die Zeit zu achten. Insofern interpretieren wir die Kritik eher als Lob. Auf „Ode To Chaos“ werden die Songs im Schnitt trotzdem etwas kürzer sein, was auch daran liegt, dass sich der Fokus mehr auf die etwas schnelleren Parts gerichtet hat. Natürlich wird es aber auch wieder ruhige, atmosphärische und auch brachiale Elemente geben, die für uns, wie schon vorher gesagt, ein wichtiger Teil dessen sind, was Pest Empire darstellen.
V. In den vergangenen zwei Jahren seit der EP habt ihr euch stilistisch sicherlich weiterentwickelt und eventuell neue Ziele für PEST EMPIRE gesteckt. Was darf daher von den Songs des Albums erwartet werden? Habt ihr beim Komponieren einen anderen Ansatz verfolgt als zuvor?
Kompositionstechnisch entstehen Songs bei Pest Empire meist nie am Stück. Wir erarbeiten in Jams einzelne Parts und fügen diese am Ende zusammen. Wir könnten vermutlich auch eine Platte mit zehn Songs rausbringen, wobei jeder Song drei Minuten Laufzeit vorweisen würde, aber wir ziehen es vor, das Ganze in die Länge zu ziehen, bringen ruhige, melancholische Parts zusammen und füllen es textlich mit Leid, Abneigung, Abstraktem, sowie Hass auf Alles und Jeden. Primus einer Band sollte immer sein, den eigenen Vorstellungen gerecht zu werden, also bspw. wie die Platte insgesamt klingen und gestaltet sein soll, und es letztendlich adäquat umzusetzen. Wir haben uns in Sachen Sound, Stil und Bühnenshows auf kein in Stein gemeißeltes Konzept eingeschossen und fühlen uns auch genretechnisch in keiner Ecke so richtig zu Hause. Wir sind Nomaden, die sich nehmen was sie brauchen und dann weiterziehen.
VI. Erzählt uns doch bitte ein wenig über die Lyrik von PEST EMPIRE. Gibt es eine bestimmte Botschaft, die ihr mit euren Songs vermitteln möchtet oder legt ihr weniger Wert auf Texte mit Tiefgang?
Die Tiefe der Lyrik von Pest Empire variiert. Es gibt Momente, in denen Statements und Gefühle, die man ausdrücken möchte, in tiefgründig verschachtelten Metaphern romantisch, sophistisch und vielschichtig klingen. Auf der anderen Seite: Wenn einen etwas anpisst, bewegt oder mitreist, ist auch der direkte, unmissverständliche Weg nicht verkehrt. Blood Meridian beispielsweise beinhaltet beide Wege. Es geht um die Unschuld, die dem Mensch bereits kurz nach dem Eintritt ins Leben genommen wird durch das Verhalten der Mitmenschen. Wir werden ab dem Moment charakterlich geformt, ab dem wir gezwungen sind mit der Welt und vor Allem mit anderen Menschen zu interagieren. Es mag ein wenig abgedroschen klingen, aber bisweilen empfinden wir die Freiheit des Seins als beengend. Dass sich das negativ auf die Seele (oder was auch immer man dazu sagen will) auswirken kann, hat man schon zu Hauf gesehen, wenn dann mal wieder jemand durchdreht und sich selbst und andere in die Hölle schickt. Diese Momente klingen bei uns dann eher weniger lyrisch sondern verroht, schmutzig und kompromisslos. Es gibt einfach nichts zu beschönigen, wenn ein Mensch über lange Zeit seelisch malträtiert wird und sich aus Selbsthass und Verzweiflung irgendwann seine Peiniger vornimmt und ihnen eine Kugel in den Kopf jagt. Und sich selbst. Wir wissen, dass das Tag für Tag passiert.
VII. Werdet ihr “ODE TO CHAOS“ erneut als Eigenproduktion veröffentlichen oder habt ihr einen Vertrag mit einem Label ergattern können? In welchen Formaten wird das Album erscheinen?
Wir hatten uns überlegt, diesen Schritt zu gehen und uns auf die Suche nach einem Label zu machen bzw. hatten wir auch einige Anfragen als wir „Prophet“ veröffentlichten vor zwei Jahren. Momentan bekommen wir noch alles gut selbst geregelt, haben in regelmäßigen Abständen Konzerte und nehmen auch sonst das meiste selbst in die Hand. Wir haben gern die Kontrolle über alles. Auch die Aufnahmen haben wir wieder komplett in Eigenregie ausgeführt, eingesperrt im Proberaum bei gefühlten 100 Grad. Schon bei den Rohaufnahmen kann man soundtechnisch eine Weiterentwicklung hören, auf die wir stolz sind. Außerdem sind wir nicht so vielen Personen zum Dank verpflichtet, sondern können uns auf jeder Linie selbst beweihräuchern. Je weniger Leute mitreden können, desto mehr bleibt Pest Empire so, wie wir es wollen. „Ode To Chaos“ wird zunächst als Digipak und zum Download erscheinen. Wenn sich eine Möglichkeit ergibt, fänden wir auch eine Veröffentlichung auf Tape ganz reizvoll.
VIII. Es existieren zahlreiche Formationen, die mit ihrem Namen mehr oder weniger direkt auf die Pest anspielen, wie etwa 1349, SVARTIDAUƉI, MUSTA SURMA, BLACKDEATH sowie natürlich PEST aus Schweden, Finnland und Deutschland, um nur einige Beispiele zu nennen. Insofern könnte man fast sagen, dass diese Thematik ein wenig ausgelutscht ist. Habt ihr bei der Gründung der Band einmal einen solchen Gedanken gehabt und aus welchen Gründen ist die Wahl auf PEST EMPIRE gefallen?
Wir hatten einige Ideen, was Bandname und Auslegung angeht. „Pest Empire“ war von Beginn an mit im Topf und stellte sich letzten Endes als richtiges Konzept dar. Wir erschaffen uns auf der Bühne unsere eigene Welt des Morbiden, die dennoch sehr wandelbar ist. Heute können es mal abgetrennte Köpfe, Tierschädel oder ein Altar mit Tier- und Menschenknochen sein, bei der nächsten Show räuchern wir einfach den kompletten Laden aus und spielen nahezu im Dunkeln. Pest Empire steht für das Schlechte im Menschen. Ein Sud aus Niedertracht und Hass. Die Pest bezieht sich mehr auf die Weiterreichung allen Übels, das Infizieren der Herzen mit Negativität, der Lähmung durch Schmerz, als für den Tod an sich. Man sollte den Tod nicht mit dem Sterben gleichsetzen: über ihn können wir nichts sagen, nur mutmaßen, aber die Qualen die es bis dahin zu ertragen gilt sind wesentlich präsenter als das Ende von all Diesem.
IX. Ihr werdet mit PEST EMPIRE im nächsten Januar bei der Satans Convention in Speyer zusammen mit namhaften Kapellen wie SARGEIST, FORGOTTEN TOMB und BATUSHKA auf der Bühne zu sehen sein, ein Heimspiel für euch. Sind darüberhinaus bereits weitere Auftritt in Planung?
Die Satans Convention hätte für uns mit einem großen Schlag das nächste Konzertjahr eingeläutet und das praktischerweise direkt vor den eigenen Toren. Wir brannten natürlich darauf, mit diesen namhaften Bands die Bühne zu teilen, doch wie die meisten wahrscheinlich schon mitbekommen haben, soll es wohl vorerst nicht so sein, da zu viel Druck auf die Veranstaltung an sich und die Veranstalter ausgeübt wurde, sodass diese keine andere Möglichkeit mehr sahen, als das Ganze abzusagen. Darum fokussieren wir uns voll und ganz auf das nächste Konzert. Am 19. Dezember im JUZ Mannheim steht unsere Release-Show ins Haus, zusammen mit Deathrite, Der Rote Milan und Division Zero. Für das neue Jahr sind wir momentan in der Planungsphase für eine kleine Tour mit ein paar anderen Black Metal Bands und Ende 2017 versuchen wir wieder das Jahr mit unserem eigenen „Pest Fest“ abzuschließen, welches dieses Jahr ersetzt wird durch die Release-Show.
X. Die letzten Worte gehören euch…
Wir bedanken uns für die Gelegenheit, einen kleinen Einblick in den Abgrund von Pest Empire bieten zu können und hoffen, dass wir so Viele wie möglich von euch bei unseren nächsten Shows vor der Bühne haben und gemeinsam im Wahnsinn untergehen können.