Der stetige Drang musikalische Projekte und deren künstlerisches Schaffen in exakt abgegrenzte Genreschubladen einzuordnen sorgt immer wieder für hitzige Diskussionen und Ärgernisse. Während manch Einer seine individuelle Interpretation der Musik als beeinträchtigt ansieht, weiß ein Anderer gerne jede Platte seiner Sammlung bis in kleinste Detail kategorisiert und klassifiziert. Egal welcher jener Gruppen nun angehörig, lässt es sich allerdings schlecht abstreitet, dass zumindest grobe Einteilungen, speziell bei vollkommen unbekannten Bands durchaus hilfreich sein können, um auch ohne groß angelegte Suchaktionen auf neue Werke aufmerksam zu werden.
Was jedoch, wenn sich das soeben Gehörte so gar nicht zuordnen lassen vermag? Ein solcher Fall liegt bei dem russischen Ein-Mann-Projekt FADING WAVES zu Grunde. Als Initiator zeigt sich hier ein gewisser Alexey Maximuk verantwortlich, der als schöpferischer Geist hinter FADING WAVES steht, jedoch zur praktischen Umsetzung eine fünfköpfige Besatzung anheuert, die nahezu die komplette instrumentale und gesangliche Arbeit übernimmt.
Mit dem Album „THE SENSE OF SPACE“ liegt nun, nach einer ersten EP und einer darauf folgenden Splitveröffentlichung aus dem Jahr 2010 der erste Langspieler der Truppe vor, auf dem insgesamt fünf Stücke samt einem Intro enthalten sind. Diese, vollkommen mit Synthesizern erstellte Einführung in das Werk lässt nur sehr vage vermuten, in welcher Form sich das restliche Material präsentieren wird, passt sich allerdings dem sehr elegant gestalteten Artwork eines mystisch gefärbten Himmels wunderbar an.
Das nun ertönende „Flashes“ erweist sich als verträumte Komposition, die von sanften Gitarrenklängen und der gefühlvollen Stimme „Anastasia Aristova’s“ lebt. Weiterhin fester Bestandteil des zähen und melancholischen Songs, sind die elektronischen Klänge, die einen stimmungsvollen Teppich unter das restliche Instrumentalgerüst schieben. Während sich das Stück über seine gesamte Laufzeit derart gemächlich dahin zieht und einzig mit variierenden Saitenspuren für neue Motive sorgt, offenbaren sich die restlichen Nummern von „THE SENSE OF SPACE“ als wesentlich abwechslungsreicher und schlagen schließlich auch in eine völlig andere Richtung. Energiegeladen und ausgestattet mit knackigen Riffs und einem zum Teil wild tobenden Schlagzeug, zimmert Meister Maximuk ein experimentelles Soundgewand zurecht, das sowohl als Post-Rock oder auch Sludge bezeichnet werden möchte, nur um die getroffene Meinung bereits im nächsten Moment wieder umzuwerfen. FADING WAVES zeigen viele verschiedene Gesichter, die sich jedoch trotz der unterschiedlichen Facetten mit einem einheitlichen Konzept in Verbindung bringen lassen. So weicht der zarte, weibliche Gesang ab „Destroying The Time“ den harten und nun dominierenden Growls, die sich perfekt in das kantige und aufgewühlte Gesamtbild einfügen, das trotz aller Härte nie seine melodische Seite vernachlässigt, die durch flirrende oder bedächtige Melodiebögen aufrecht erhalten wird.
FADING WAVES werden es sicherlich schwerer als manch andere Gruppierung haben, Freunde für ihre Musik zu gewinnen. So werden sich nicht wenige Hörer von dem sehr wechselnden Sound abschrecken lassen mögen. Wem das auf „THE SENSE OF SPACE“ vorgetragene Liedgut aber zusagt, wird sicherlich viele schöne Stunden mit den leidenschaftlich komponierten Songs verbringen, die zudem in einem einwandfreien Klang vorgetragen werden.