Auf ihren ersten Veröffentlichungen noch irgendwo zwischen Depressive-Suicidal und Post-Black Metal unterwegs, haben die drei Schweden von OFDRYKKJA für ihren dritten Langspieler eine enorme stilistische Weiter-entwicklung vollzogen und präsentieren auf „GRYNINGSVISOR“ melancholischen Folk, der mit atmosphärischem Black Metal vermengt wird. Weiterhin ist der Grundtenor ziemlich düster, verarbeiten die vom Schicksal gebeutelten Skandinavier mit ihren zwölf Kompositionen sowohl ihre Alkoholsucht, als auch ihre Zeit im Gefängnis, ohne dass die Stücke dabei zu sehr in Selbstmitleid ersticken. Vielmehr sind hier und dort verhaltene Klänge der Hoffnung herauszuhören.
Es geht insgesamt sehr bedächtig und ruhig auf „GRYNINGSVISOR“ zu und in einigen Tracks dominieren sanfte Akustikgitarren, die in „Ensam“ oder „In I Natten“ zerbrechlich wirkende Strukturen erschaffen und von verträumtem weiblichen Gesang begleitet werden. Besonders emotional wird diese Kombination in der märchenhaften Interpretation von „Herr Mannelig“ im stimmungsvollen Zusammenspiel mit keltischer Lyra und Violine umgesetzt. Zwar müssen die gezupften Klänge sowie die hellen Vocals als wirklich gelungen bezeichnet werden und trotzdem wirken die genannten Stücke letztendlich ein wenig flach und würden auf Dauer die nötige Spannung vermissen lassen. Für einzelne Zwischenstücke ist diese Art des Songwritings zweifelsohne absolut in Ordnung, doch nicht für ein komplettes Album. Dessen waren sich auch OFDRYKKJA bewusst, setzt die Truppe in „The Swan“, „As The Northern Wind Cries“ oder „Grey“ zudem auf rohe, schwarzmetallische Elemente, mit denen sie Dynamik und Dramatik des Werkes aufleben lassen. Zwar bedienen sich die Kompositionen in keiner Sekunde der klassischen Stilmittel, wie bebender Blasts oder klirrender Tremolos, doch wird mit Hilfe eines rauschenden Riffings, weithin hallenden Schreien und zuweilen an BURZUM erinnernden Synthesizern eine zutiefst nordische Atmosphäre erzeugt, die einen dichten Schleier nahezu völlige Dunkelheit um den Hörer legt.
Selbst in diesen aufwühlenden Passagen trauen sich OFDRYKKJA nicht, die selbst gesetzten Grenzen zu überschreiten und weichen daher nicht allzu sehr von ihrem puristischen Konzept ab. Dennoch wissen die düsteren Tracks mit ihren schlichten Mitteln in ihren Bann zu ziehen, verzaubert etwa „Våra Minnens Klagosång“ mit schwermütig dahingleitenden Melodien, während sich im nahezu vor Sehnsucht berstenden „Wither“ schmachtende Leads mit geheimnisvollen elektronischen Klängen vereinen. Auf diese Weise erhalten die einzelnen Tracks nicht nur eine eigene Note, sondern verbleiben mit ihren markanten Elementen lange im Gedächtnis.
Wer sich eines der edlen Exemplare von „GRYNINGSVISOR“ im A5 Digisleeve von Art Of Propagande ins heimische Regal stellen möchte, der sollte sich im Klaren darüber sein, dass OFDRYKKJA trotz der Kategorisierung als Folk / Black Metal eine sehr in sich gekehrte und stille Platte vorlegen, die sich eher für ruhige Stunden eignet und vermutlich in der dunklen Jahreszeit am besten funktioniert. Natürlich werden die Stücke aber auch einen sommerlichen Waldspaziergang wunderbar musikalisch begleiten können.