Porta Nigra – Schöpfungswut

28. April 2020
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Die bisherigen beide Werke von PORTA NIGRA haben mehr als eindrucksvoll gelehrt, dass sich das Duo aus Koblenz keinesfalls in eine musikalische Schublade stecken lassen möchte und unbeirrt von sogenannten Genregrenzen sein ganz eigenes Ding durchzieht, ob es der Hörerschaft nun gefällt oder nicht und spätestens nach „KAISERSCHNITT“ dürfte selbst mancher Liebhaber ausgefallener schwarzmetallischer Klänge die Hoffnung aufgegeben haben, je nochmals mit der Band warm zu werden. Es sei jedoch an dieser Stelle gerade diesem Personenkreis dazu geraten, sich noch ein weiteres Mal auf PORTA NIGRA einzulassen und zwar mit deren drittem Langspieler, zeigt sich die Truppe auf „SCHÖPFUNGSWUT“ ungewohnt eingängig, allerdings nicht weniger eigenwillig.

Während zu erwarten gewesen wäre, dass PORTA NIGRA in den fünf Jahren seit dem letzten Album noch tiefer in avantgardistische Klangwelten vorgedrungen sind, zeigen die sechs neuen Kompositionen völlig überraschend, dass das komplette Gegenteil der Fall ist und stattdessen durch und durch traditionell geprägter Black Metal dargeboten wird, der recht geradlinige Strukturen verfolgt und insgesamt ziemlich melodisch ausfällt. Nicht selten preschen die fast allesamt überlangen Stücke mit ordentlich Druck nach vorne und lassen nur kurze Momente für auflockernde Geschwindigkeitsvariationen, wie etwa den rhythmischen Mittelteil von „Das Rad des Xion“ mit seinen verspielten Leadgitarren und geflüstertem Gesang. In weiten Teilen von „SCHÖPFUNGSWUT“ sind es die Vocals, die Vielschichtigkeit ins harsche Material bringen. Verantwortlich für diese ist mit „Tongue“ übrigens ein Neuzugang, der hinlänglich durch seine Arbeit bei CHAOS INVOCATION oder AVE MARIA bekannt sein dürfte und sich nun auch bei PORTA NIGRA zu Wort melden darf. Dies tut er durchaus abwechslungsreich, mal viehisch brüllend, mal giftig keifend, mal mit gesprochen Passagen oder gar mit klarem Gesang. Dabei verleiht er den eher schlichten Tracks in vielem Momenten deutlich an Tiefe, doch müssen die ihn an zu vielen Stellen begleitenden Chöre eindeutig als mit der Zeit nervig bezeichnet werden, verlieren diese auf Grund ihres stetigen Gebrauches ohnehin an ihrer stilistischen Wirkung. Ebenfalls ein ziemlicher Reinfall ist „Unser Weg nach Elysium“ geworden, wird hier zu einem ziemlich bescheuerten Tremoloriff eine Abwandlung des durch eigene Zeilen ergänzte „Vater Unser“ heruntergebetet. Es fällt enorm schwer, während der mehr als acht Minuten nicht die Skip-Taste zu drücken, die selten so verführerisch aussah.

In den übrigen Songs ist die deutsche Lyrik nicht weniger poetisch, kommt allerdings nicht so schwülstig daher und berichtet vom frühen Sündenfall und dem Bösen im Menschen, der Anspruch auf den Thron Gottes erhebt. All dies spiegelt sich bereits im aussagekräftigen Titel des Albums und dessen Artwork wider. Wenngleich sicherlich nicht sehr appetitlich anzuschauen, dürften die mit dichtem Schimmelpilz überzogenen Erdbeeren doch sinnbildlich für begangene Sünden und vergangene Sinnlichkeit stehen. Es darf durchaus dazu eingeladen werden, sich etwas länger mit den im Booklet abgedruckten Texten zu beschäftigen und die abstrakten Botschaften für sich zu entschlüsseln.

Trotz des eingängigen Charakters, ist „SCHÖPFUNGSWUT“ in seiner Gesamtheit nicht weniger ungewöhnlich, als die zwei vorherigen Werke, selbst wenn auch auf gänzlich andere Art und Weise. Es stellt sich beispielsweise die Frage, weshalb die Stücke eben gerade nicht ebenso experimentell ausgefallen sind, wie das frühere Schaffen. Ist möglicherweise gerade diese Schlichtheit die eigentliche Botschaft des Albums? Denn trotz schöner Melodien und kerniger Riffs, sind die sechs Lieder doch insgesamt zu eindimensional und gleichförmig für den Anspruch, den PORTA NIGRA an ihr eigenes Material haben dürften. Somit zeigt sich, dass die Truppe abermals genug Fragezeichen mit ihrem neusten Streich entstehen lässt.

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