Ziemlich lange haben SPECTRAL VOICE auf einen Nachfolger ihres viel gelobten Debütalbums warten lassen. Zugegeben, völlig untätig sind die vier Herren aus Colorado in den letzten sieben Jahren nicht gewesen, wurden immerhin ein paar Splits sowie eine umfangreiche Compilation mit raren Tracks veröffentlicht und zudem sind sie mit BLOOD INCANTATION sowie BLACK CURSE bei weiteren Projekten aktiv, die nicht vernachlässigt werden wollen. Nun aber liegt mit „SPARAGMOS“ endlich ein neuer Langspieler vor, mit dem abermals die totale Finsternis heraufbeschworen wird. Dass der geheimnisvolle Albumtitel eine rituelle Opferung bezeichnet, bei der lebende Menschen oder Tiere grausam in Stücke gerissen werden, deutet schon an, dass die Platte nicht für Schöngeister geeignet ist.
Es sind tiefste Abgründe, in welche die vier dargebotenen Nummern langsam, aber unnachgiebig hinabziehen und in die kein noch so schwacher Lichtschein folgen kann. Gleich einem herannahenden Donnergrollen, hallen die einzelnen Snareschläge der Drums in der allumfassenden Schwärze wider, während sich das minimalistische Riffing zu bedrohlichen Klangwellen auftürmt, plötzlich mit einer unvorstellbarer Urgewalt in sich zusammenbricht und dabei ein giftig schäumendes Chaos entstehen lässt. All dies geschieht in „Be Cadaver“ in einem enorm schleppenden Tempo und dauert mehrere Minuten, wird „SPARAGMOS“ vom 12-minütigen Track mit zähem Doom / Death Metal der fiesesten Art eröffnet, der nicht weniger als die Hälfte seiner Laufzeit benötigt, um fast unmerklich an bedrohlicher Spannung aufzubauen, um dann für einen kurzen Augenblick in einer explosiven Eruption zu gipfeln und danach umgehend wieder in schwerfällige Lethargie zu verfallen. Dabei gelingt SPECTRAL VOICE dies auf derart meisterhafte Weise, wie es sonst Genreurgesteinen wie EVOKEN oder MOURNFUL CONGREGATION zelebrieren.
Wer sich gerne einer solch beklemmenden Stimmung hergibt, in der mit Hilfe von verhallenden Leads und knurrenden Growls eine intensiv mystische Atmosphäre erzeugt wird, der sollte in „SPARAGMOS“ eine wahre Offenbarung der düsteren Klangkunst finden. Auf ihrem zweiten Werk suhlen sich SPECTRAL VOICE in den beschrittenen Untiefen förmlich im Dreck vergangener Äonen und lassen den Hörer den aufgewühlten Staub tief einatmen und unangenehm auf der blanken Haut spüren. Dies gilt für „Red Feasts Condensed Into One“ ebenso, wie für den apokalyptischen Opener, verstärken das geisterhafte Rascheln von Schellen oder bizarre Ambientelemente der anfänglich Eindruck noch, hier einer unorthodoxen Messe beizuwohnen. Selbst dem über weite Strecken kraftvoll dahinrollenden „Sinew Censer“ scheint jede positive Energie abhanden gekommen zu sein. Das finale „Death’s Knell Rings In Eternity“ übernimmt, seinem unheilvollen Titel mehr als gerecht werdend, die Rolle des lebensverneinenden Trauermarsches, der sich klangtechnisch noch am eindeutigsten an den weiter oben genannten Kollegen orientiert, aber dennoch in gewisser Weise erdiger und irgendwie greifbarer ertönt, als die oft öden Leeren des typischen Funeral Doom Metals.
Wer sich grundsätzlich für dieses eigenwillige Genre begeistern kann, sollte SPECTRAL VOICE auf jeden Fall auf ihre Reise in die endlose Finsternis folgen, um zu entdecken, wie wandlungsfähig und leidenschaftlich diese gestaltet werden kann, denn langatmige Passagen ohne einnehmende Wirkung sind auf „SPARAGMOS“ nicht zu finden. Vorausgesetzt natürlich, es herrscht die erforderliche Gemütslage vor, sich einem solch niederschmetterndem Album hinzugeben.