Sulphur Aeon – The Scythe Of Cosmic Chaos
Es ist ein zweifacher nordrhein-westfälischer Paukenschlag, der unzählige Liebhaber extremer Klänge dieser Tage so kurz vor Jahresende noch einmal in gebannter Ehrfurcht erstarren lässt und dafür sorgt, dass zahlreiche in den vergangenen Wochen mühsam aufgestellten Jahrepolls wieder umgeschrieben werden müssen. Neben dem aktuellen Langspieler von CHAPEL OF DISEASE sind es SULPHUR AEON, die mit ihrem dritten Album alle Blicke auf sich ziehen, ist “THE SCYTHE OF COSMIC CHAOS“ eines der zweifelsohne am sehnsüchtigsten erwarteten Werke deutschen Death Metals. Die allgemeine Erwartungshaltung an die Truppe im Vorfeld war enorm und nicht wenige Formationen wären sicherlich an ihr zerbrochen, doch SULPHUR AEON liefern stattdessen einen 50-minütigen Koloss ab, der ihr bisheriges Schaffen noch in den Schatten stellt.
Ein weiteres Mal tauchen SULPHUR AEON tief in das lovecraft’sche Universum der namenlosen Schrecken ein und huldigen den uralten Wesen aus einer fernen Dimension mit acht monumentalen Hymnen. In diesen vermengen sich die gnadenlose Brachialität des Death Metals, die finstere Atmosphäre des Black Metals sowie die zähe Wucht des Doom Metals zu einer perfekten Symbiose, wie sie auf diese Weise wohl keine zweite Kapelle zu erschaffen im Stande ist. In einem gewohnt technisch meisterhaften Songwriting vereinen SULPHUR AEON feinste melodische Filigranität samt beschwörendem Klargesang sowie mystischen Synthesizern mit brutalen Riffsalven, die von tosenden Blasts vorwärts getrieben und von abgrundtiefen Growls befeuert werden zu einer überwältigende Vielschichtigkeit. Diese dauert vom eröffnenden “Cult Of Starry Wisdom“ bis hin zu den letzten Tönen des majestätischen Outros von “Thou Shalt Not Speak His Name (The Scythe Of Cosmic Chaos)“ an, ohne den kleinsten Hauch ihrer dunklen Magie zu verlieren.
Während seiner gesamten Laufzeit ist “THE SCYTHE OF COSMIC CHAOS“ ein einzigartiges und intensives Klangerlebnis, das gleich einem alles in sich aufsaugendem Strudel unablässig in die schwärzesten Tiefen des tosenden Meeres hinabzieht, aus denen es kein Entkommen mehr zu geben scheint. Es ist schwierig, an dieser Stelle einzelne Kompositionen oder Sequenzen des Langspielers hervorzuheben und dennoch soll das von stetigen Tempowechseln geprägte “Yuggothian Spell“ mit seinen abrupten Wechseln zwischen erhabenem Midtempo und furioser Raserei genannt werden, dessen epische Leads und unheimlich kraftvollen Schreie sich sofort im Gedächtnis festsetzen. Nicht weniger einprägsam ist das nachfolgenden und zugleich gezügeltere “The Summoning Of Nyarlathotep“ mit seinem herrlich eingängigen Refrain, in dem die Vocals sich zu hallunterlegten Rufen wandeln, die im geschickten Zusammenspiel mit den gefühlvollen Melodien der Sechssaiter für einen atmosphärischen Höhepunkt sorgen.
Zugegeben, nur einige ausgewählte Momente von “THE SCYTHE OF COSMIC CHAOS“ zu nennen, wird diesem grandiosen Werk, das zu jeder Sekunde in sich stimmig ist, nicht annähernd gerecht. Zu viele liebevolle Details wurden von SULPHUR AEON in den enorm wandlungsfähigen Kompositionen verarbeitet, als dass man diese mit ein paar geschriebenen Zeilen erfassen könnte. Bewundernswert ist zudem, dass es die Truppe trotz aller vorhandener Komplexität schafft, die zum Teil sehr langen Songs geradlinig und nachvollziehbar zu halten, sodass das anspruchsvolle Instrumentalspiel trotz zahlreicher verschachtelter Arrangements nie zu verschlungen wirkt. Hierzu trägt ebenfalls die kraftvolle und klare Produktion bei, die gewährleistet, dass all die feinen Akzente in voller Pracht zur Geltung kommen.
Es kann an dieser Stelle nur eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für “THE SCYTHE OF COSMIC CHAOS“ ausgesprochen werden, darf das dritte Album von SULPHUR AEON doch als krönender Jahresabschluss bezeichnet werden. Dieser lässt so manches Werk vermeintlicher Szenegrößen des Genres mehr als nur alt aussehen, bringt das niederrheinische Quintett eine erfrischende Kreativität mit sich, die hoffentlich so schnell nicht versiegen wird.