Tongue – Tongue
Zwar mag das hier vorgestellte Projekt namens TONGUE in der heimischen Szene ein noch unbeschriebenes Blatt sein, die verantwortlichen Herren hinter den Kulissen sind es allerdings nicht. Bereits mit NEGATIVVM und STENCH OF STYX trieben diese in Nordrhein-Westfalen einige Zeit lang ihr Unwesen, bevor beide Kapellen schließlich vorerst auf Eis gelegt wurden. In neuer Zusammensetzung melden die vier Bielefelder sich nun mit ihrem ersten gemeinsamen Werk zurück, auf dem in mancherlei Hinsicht an das Schaffen der vorherigen Bands angeknüpft wird.
Somit hat sich an der stilistischen Ausrichtung nicht viel geändert, herrscht auf “TONGUE“ ebenfalls finsterer Black Metal, dem ein authentischer Spagat zwischen traditionellem und modernem Sound gelingt, werden als primäre Einflüsse sowohl Bands wie DARKTHRONE, TULUS oder DØDHEIMSGARD als auch ASH BORER und WOLVES IN THE THRONE ROOM genannt. Dementsprechend fällt das Riffing der sechs Songs in vielen Passagen ziemlich ungeschliffen aus und erinnert auf diese Weise beispielsweise in den rasanten Momenten von “In The First Light Of False Dawn“ oder “The Desert Hears You“ an die norwegischen Vorbilder. Speziell in der rohen Saitenarbeit dieser Songs finden sich zuweilen deutliche Parallelen zum früheren Material von NEGATIVVM, trägt diese nach wie vor die gleiche Handschrift. An anderer Stelle erweist sich “TONGUE“ als ebenso melodisch und progressiv angehaucht, sind es letztendlich vor allem die verspielten Leads und akustischen Intermezzi, die nach dem ersten Durchlauf der Platte im Gedächtnis hängen bleiben. Diese wirken in “A Vessel For The Voices“ und “The Giant In Flight“ derart ruhig und sehnsüchtig, dass die aufkommende melancholische Stimmung fast schon an Post-Rock grenzt. In seiner Gesamtheit ist “TONGUE“ also ein abwechslunsgreich und interessant gestaltetes Werk, das sich nicht nur auf einen Aspekt des Black Metals versteift. Dennoch gelingt es TONGUE auf diesem nicht immer zu überzeugen, mangelt es trotz einiger ansprechend umgesetzter Ideen an wirklichen Höhepunkten, die aus der kalten und düsteren Aura der Kompositionen herausstechen. Hinzu kommt leider, dass der unverständlich keifende Gesang auf Dauer ein wenig zu monton und gewöhnlich ausfällt. Angesichts des durchdachten lyrischen Konzeptes, das sich mit den Ängsten einer modernen Gesellschaft beschäftigt und symbolisch in die öde Wüstenlandschaft von Frank Herberts Klassiker “Dune“ projeziert wurde, ist dies umso ärgerlicher, hätte aus dieser Idee doch mehr herausgeholt werden können.
Schlussendlich ist “TONGUE“ unter‘m Strich ein durch und durch solider Langspieler mit vielen überzeugenden Momenten, die zwar von einigen kleineren Schwächen getrübt, aber beim besten Willen nicht überschattet werden. TONGUE beweisen – wie zuvor schon bei NEGATIVVM – damit zweifelsohne einiges Potential, das aktuell nur noch nicht vollständig umgesetzt wurde. Dies kann natürlich auf dem nächsten Album schon ganz anders aussehen. In jedem Fall sollten Anhänger der oben genannten Gruppierungen ein Ohr riskieren, zumal “TONGUE“ neben einer schmucken Auflage als Digipak ebenfalls als kostenfreier Download verfügbar ist.