Es ist in diesem November exakt drei Jahre her, dass WITCHER mit “A GYERTYÁK CSONKIG ÉGNEKDEN“ ihren zweiten und bislang letzten Langspieler präsentierten, auf den allerdings noch zwei EPs folgten, sodass von Untätigkeit absolut keine Rede sein kann, wenngleich es sich bei einer dieser beiden Veröffentlichungen lediglich um eine remasterte Version von „NÉMA GYÁZ“ aus den frühen Tagen des ungarischen Duos handelt. Diese eignet sicher dieser Tage allerdings ganz hervorragend, um festzustellen, wie sehr WITCHER sich im Laufe der Zeit kompositorisch weiterentwickelt haben, wenn sie mit „LÉLEKHARANG“ verglichen wird, dem erst kürzlich erschienenen dritten Album.
Nachdem zunächst das stimmungsvolle Artwork ausgiebig betrachtet wurde, kann sich dem eröffnenden Pianoarrangement gewidmet werden, das als kurze, aber eindringliche Einleitung in die nostalgischen Klangwelten von „LÉLEKHARANG“ dient, die erneut tief im atmosphärischen Black Metal der 90er Jahre verwurzelt sind. An eben dieser grundlegenden Ausrichtung haben WITCHER nichts geändert und präsentieren abermals keyboardlastige Hymnen mit schwelgenden Melodien, die in diesem Stil auch vor einem Vierteljahrhundert hätten erschienen sein können. Natürlich klingt dies hier und da ein wenig kitschig, doch auf durchaus positive Weise. Denn obwohl die osteuropäische Kapelle einen recht eigenständigen Sound kreiert, wirkt alles irgendwie angenehm vertraut. Nunja, ganz ohne mehr oder weniger auffällige Parallelen zu einer ihrer offenbar stärksten Inspirationsquellen kommt „LÉLEKHARANG“ dann doch nicht aus und besonders die erste Hälfte des 10-minütigen Titeltrack erinnert mit ihrer schwermütigen Epik sehr an frühe SUMMONING, während es in den übrigen Stücken meist nur kleine Details sind, die erkennen lassen, dass die beiden Österreicher einen durchaus wichtigen Einfluss auf WITCHER ausüben.
Somit mag in dieser Hinsicht nicht viel Neues auf dem dritten Langspieler passieren und dennoch lässt dieser eine nicht unerhebliche Weiterentwicklung ausmachen. Denn während die bisherigen Werke sich eines eher schlichteren Songwritings bedienten und in erster Linie auf eine dichte Atmosphäre setzten, zeigt sich „LÉLEKHARANG“ wesentlich durchdachter und dramatischer arrangiert, ohne den Fokus von den ausladenden Melodien zu nehmen, die weiterhin vornehmlich von den Keyboards beigesteuert werden, hier aber deutlich harmonischer mit den restlichen Instrumenten verschmelzen, ohne aufgesetzt zu wirken.
Erwähnt werden muss zum Schluss noch, dass WITCHER sich ein ganz besonderes Ende für „LÉLEKHARANG“ ausgewählt haben, bei dem es sich um eine eigene Interpretation der „Mondscheinsonate“ von Ludwig van Beethoven handelt, die mit ihrer dunklen und beklemmenden Note sehr ergreifend daherkommt und einen sehr stimmigen Ausklang für ein toll gemachtes Werk darstellt, in dessen verspielten und zugleich ursprünglichen Soundcollagen es sich hervorragend verlieren lässt.