Hyems – Interview

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Vor wenigen Wochen meldeten sich HYEMS endlich mit ihrem langerwarteten zweiten Langspieler zurück, der auf den kryptischen Titel “DEVIANZ – DEM MENSCHEN EIN WOLF“ getauft wurde. Auf diesem knüpft die Truppe mit acht peschschwarzen Tracks konsequent an das hasserfüllte Material der letzten EP namens “IM JETZT DIE ASCHE“ an und entfesselt erneut ein vernichtendes Inferno. Einen kleinen Einblick in den Entstehungsprozess der neuen Platte und deren lyrisches Konzept geben “A.E.J.“ und “D.M.“ bei EVILIZED.

I. Zunächst einmal vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview nehmt! Wie ist dieser Tage die Lage bei euch, jetzt wo mit “DEVIANZ – DEM MENSCHEN EIN WOLF“ endlich euer neuer Langspieler fertiggestellt und veröffentlicht wurde?

A.E.J.: Ziemlich euphorisch. Nicht nur, dass wir von Menschen, deren Meinung wir schätzen, super Feedback bekommen – auch wir sind ziemlich zufrieden mit dem Ding. Bis zu Devianz gab es immer etwas auch den Alben davor, das mich im Nachhinein gestört hat. Diesmal würde ich nichts anders machen.

D.M.: Wir sind sehr zufrieden mit dem Album und wir sind froh, die neuen Stücke nun endlich live zu spielen!

II. Ursprünglich sollte die Platte ja schon vor einiger Zeit erscheinen, oder?! Welche Umstände haben zu dieser erheblichen Verzögerung geführt?

D.M.: Nach der EP in 2013 wussten wir, wohin wir musikalisch wollen. Doch bevor wir ins Studio gegangen sind, haben wir zunächst alle Stücke zuhause aufgenommen, um danach hier und da noch etwas anzupassen. Auch die Ausarbeitung des Gesangs, der bei uns immer nach der Musik kommt, war diesmal wesentlich intensiver. Insgesamt denke ich, dass dieser Reifeprozess den Stücken gut getan hat. Wir haben dann Anfang 2015 mit den tatsächlichen Aufnahmen begonnen. Dass es dann tatsächlich bis zum Ende des Jahres gedauert hat, liegt unter anderem daran, dass wir mittlerweile recht weit voneinander entfernt wohnen und es schwierig war, passende Termine zu finden.

III. Wurde eure letzte EP namens “IM JETZT DIE ASCHE“ noch in kompletter Eigenregie veröffentlicht, erscheint “DEVIANZ – DEM MENSCHEN EIN WOLF“ nun über Bret Hard Records, einem deutschen Label aus Nordrhein-Westfalen, das hauptsächlich Kapellen aus Death und Thrash Metal um sich versammelt. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit? Ist der Vertrag auf ein Album begrenzt oder wird es eine längerfristige Kooperation geben?

A.E.J.: Unsere Freunde von Five Dollar Crackbitch haben uns bei Bret Hard empfohlen. Bret Hard hat uns ein faires Angebot gemacht und wir haben unterschrieben.

D.M.: Wir sind froh über den Deal, auch wenn wir eigentlich sogar vorhatten, wieder alles allein zu machen. Aber die Zusammenarbeit läuft super und wir fühlen uns wirklich wohl. Die Kooperation ist bisher erstmal auf ein Album ausgelegt. Danach schauen wir einfach mal, ob beide Seiten weiterhin miteinander arbeiten wollen. Bis jetzt können wir aber nichts Negatives sagen. Und übrigens sind wir nicht die einzige BM-Band bei Bret Hard. Vor Kurzem haben wir eine gemeinsame Show mit Pestlegion, Beltez und Necrotic Woods gespielt, den anderen drei Black Metal-Truppen des Labels. Ein großartiger Abend!

Hyems_2016_1© by Jan Northoff

IV. Auf dem eher schlicht gehaltenen Artwork von “DEVIANZ – DEM MENSCHEN EIN WOLF“ ist lediglich das Gesicht eines alten Mannes auf weißem Grund zu sehen. Welche tiefere Bedeutung steckt hinter diesem Motiv und in welchem Zusammenhang steht dieses mit dem Titel?

A.E.J.: Das Interessante ist, dass wir schon so viele unterschiedliche Interpretationen des Covers gehört haben, dass ich nicht unbedingt das erklären möchte, was D.M. und ich uns dabei gedacht haben, als wir die Idee entwickelt haben. Spannend dabei ist, dass ein Teil der Betrachter in dem alten Mann einen Täter sehen und andere eher ein Opfer.

V. Liest man sich die Lyrics der acht Songs durch, fällt auf, dass ihr euch nicht der üblichen Klischees des Genres wie Satanismus oder Blasphemie bedient, sondern tiefgründige Texte verfasst, die von Rebellion, Wut oder Verfall handeln. Ein wesentliches Stilelement ist dabei ganz offensichtlich das Feuer, das sowohl in “Grimmen“, “Schürt das Feuer“, “Niedergang“ und dem Titeltrack eine wichtige Rolle spielt. Inwieweit wird damit ein lyrisches Konzept verfolgt? Gibt es eine zentrale Botschaft, die ihr mit “DEVIANZ – DEM MENSCHEN EIN WOLF“ vermitteln wollt oder steht jede der Kompositionen letztendlich für sich alleine?

A.E.J.: Im Prinzip lässt sich alles auf das Grundthema zurückführen, dass jede vermeintliche Ordnung und unsere Vorstellung von Wahrheit nur eine Illusion ist. Alles ist wesentlich komplexer, als wir es denken und erahnen können. Feuer steht in den Texten für diese Komplexität – entfesselt ist es eben mehr nicht kontrollierbar. Und es ist dieses Chaos und die Dynamik, die alles und jeden strafen, die versuchen, etwas mit eindimensionalen Denkweisen zu lösen. Alles ist im Fluss und man sollte besser Veränderungen akzeptieren.

VI. Wie läuft das Songwriting bei HYEMS eigentlich ab? Bastelt ihr im Proberaum gemeinsam an neuem Material oder gibt es eine klare Rollenverteilung, wer für das Schreiben neuer Stücke verantwortlich ist? Zumindest die Lyrics stammen ja allesamt von “A.E.J.“ – der allerdings auf Grund seines Wohnortes wohl nicht immer aktiv am Entstehungsprozess neuer Tracks mitwirken kann, oder?!

D.M.: Naja, auch der Rest von uns wohnt mittlerweile etwas verstreut, zudem sind wir alle beruflich recht eingebunden. Gemeinsame Proben sind daher nicht so häufig möglich. Generell entsteht bei uns als Erstes die Musik. Meistens kommt einer der Gitarristen mit einem Grundgerüst an. D.W. hat hier allerdings den größeren Anteil. Wir probieren dann Verschiedenes aus und fügen weitere Ideen hinzu. Das Ganze wird zuhause aufgenommen, wobei wir auch schon eine grobe Drumspur programmieren, die J.K. nachher weiter ausarbeitet. Dann testen wir das Stück im Proberaum.

A.E.J.: Ich für meinen Teil fange dann an, die Texte zu schreiben und erste Konzeptaufnahmen zu machen. Alles wird dann noch mal zur Diskussion gestellt. Passen die Parts, die Struktur der Songs, die Gesangslinien? Und ehe man sich versieht, steht man im Studio und nimmt den Song auf.

Hyems_2016_3© by Jan Northoff

VII. HYEMS existiert nun seit mehr als anderthalb Dekaden. In all dieser Zeit hat sich am Line-Up fast nichts geändert und lediglich der Posten an den Drums wurde mal neu besetzt. Wie habt ihr euch in all dieser Zeit als Musiker gemeinsam weiterentwickelt? Gab es ab und an schonmal Unstimmigkeiten über den Weg, den ihr mit HYEMS verfolgen wollt oder hat diesbezüglich stets Einigkeit geherrscht?

A.E.J.: Ich glaube, es liegt daran, dass wir uns in unserer Entwicklung nie in die Quere gekommen sind, sondern es immer in HYEMS einfließen lassen konnten. Ich glaube, das hört man ganz gut bei Devianz: Die Songs sind unterschiedlich und trotzdem ist das Album in sich eine stimmige Geschichte.

D.M.: Wir haben in der ganzen Zeit tatsächlich einiges ausprobiert. Wenn Du z.B. unser 2007er Album „Antinomie“ nimmst, sind dort deutlich mehr Death Metal-Einflüsse zu hören. In der Zeit danach haben wir Songs geschrieben, die diese Idee fortgeführt haben und technischer wurden. Der Death Metal-Anteil wurde noch größer. Irgendwann hatten wir beinahe ein ganzes Album fertig, mussten dabei aber feststellen, dass das nicht mehr wirklich zur Idee passt, die hinter HYEMS steckt. Also haben wir das gesamte Material verworfen und noch einmal komplett neu begonnen. Unter anderem deshalb hat es so lange gedauert, bis es mit der „Im Jetzt die Asche“-EP dann wieder ein Lebenszeichen von uns gab, mit der wir bewusst einen Schritt zurückgegangen sind. Diese Entscheidung haben wir allerdings geschlossen und gemeinsam getroffen. Auf dem neuen Album sind natürlich auch verschiedene Einflüsse zu hören, der Black Metal steht jedoch deutlich im Vordergrund und das war uns wichtig.

VIII. Interessant ist bei eurer Geschichte, dass ihr zwar von Beginn an Black Metal gespielt habt, allerdings erst vor wenigen Jahren damit begonnen habt, dies optisch zu zeigen, indem ihr Corpsepaint tragt. Während viele Bands mit der Zeit eher dazu neigen hiermit aufzuhören, habt ihr euch so spät dazu entschieden, diesen Schritt zu gehen. Was hat zu dieser Entscheidung geführt?

A.E.J.: Unser Problem bestand immer darin, dass wir mit unseren privaten, eher positiv-gestimmten Persönlichkeiten auf die Bühne gegangen sind. Corpsepaint ist dagegen für uns die perfekte Zäsur: Bühne = Black Metal an – Spaß und Humor aus. Unsere Musik lebt von der Atmosphäre und Corpsepaint ist für uns der Schlüssel für diese Stimmung.

D.M.: Stimmt, so langsam könnte man meinen, wir seien zu alt für den Scheiß, haha. Aber es war ein wichtiger Schritt für uns. Die Sache mit dem Corpsepaint kam bei uns ebenso in der Phase, in der wir uns auf den Grundgedanken besinnt haben, der hinter der Band steckt. Wir sind ganz einfach eine Black Metal Band. Und das soll man auch auf der visuellen Ebene wahrnehmen.

Hyems_2016_2© by Jan Northoff

IX. In den kommenden Monaten werdet ihr mit HYEMS sicherlich wieder einige Liveshows spielen und dabei das neue Material vorstellen. Gibt es abgesehen hiervon weitere Pläne für das noch junge Jahr? Existieren beispielsweise noch einzelne Songs, die es nicht auf das aktuelle Werk geschafft haben, allerdings noch in Form einer Splitveröffentlichung oder EP erscheinen könnten?

A.E.J.: Noch nichts, was spruchreif ist. Aber live werden wir dieses Jahr äußerst umtriebig sein.

D.M.: Übrig geblieben sind lediglich Ideen und Fetzen. Wir sind allerdings schon wieder dabei, neue Songs für die nächste Scheibe zu komponieren, zudem gibt es noch die eine oder andere Idee… Dazu hoffentlich bald mehr!

X. Die letzten Worte gehören euch…

A.E.J.: Devianz kann man auf allen üblichen Plattformen hören – ich würde dem Ding ne Chance geben und mal reinhören!

D.M.: Danke für das Interview! Wir sehen uns bei einer der nächsten Shows!

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