Es dürfte bekannt sein, dass die werten Herrschaften von Dark Essence Records aus Bergen eine besondere Vorliebe für experimentierfreudige Bands haben, die sich mit ihrem Material weit abseits gewohnter Normen bewegen und nicht selten völlig neue Klangwelten erschließen. Zwar sind die oft schwarzmetallisch geprägten Veröffentlichungen des norwegischen Labels nicht immer eine erhellende Offenbarung und doch entpuppten sich die bislang vorgestellten Formationen häufig genug als wahre Perlen in der Welt der avantgardistischen Klänge. Dies trifft ebenfalls auf FIVE THE HIEROPHANT aus London zu, ein aktueller Neuzugang im Katalog des Labels, der nach einer zwei Jahre zurückliegenden selbstbetitelten EP nun mit “OVER PHLEGETHON“ den ersten Langspieler vorlegt.
Nur schwer lassen sich die sechs Kompositionen des Albums einem groben stilitischen Rahmen zuweisen, finden sich auf “OVER PHLEGETHON“ zahlreiche höchst unterschiedliche Elemente, die zunächst als keinesfalls miteinander kompatibel erscheinen und dennoch vom britischen Trio zu einer in sich geschlossenen Einheit verschmolzen werden. Dabei erzeugen FIVE THE HIEROPHANT zunächst in fast allen Tracks mit Hilfe eines schweren und finsteren Riffings ein beklemmendes Fundament mit extrem düsterer Atmosphäre, die die Platte im weiteren Sinne schon irgendwo im Sektor des Black Metals verorten lässt. Gleichzeitig wälzen sich die Kompositionen allerdings mit einer solchen Behäbigkeit voran, dass dieser als extrem doomig bezeichnet werden muss, wobei dem Material eine fast schon rituell anmutende Mystik nicht aberkannt werden kann. Diese führt unter der variierenden Einbindung von obskuren Sythesiersounds soweit, dass die Briten tief in verstörenden Drone abdriften, der in “Omen Tree“ die übrigen Elemente völlig verdrängt und einzig kratzige Sprachsamples duldet, die auf “OVER PHLEGETHON“ statt konventionellem Gesang eingesetzt werden. Diese geisterhaft dahinflatternden Wortfetzen sind stellenweise bis zur Unkenntlichkeit verzerrt und rezitieren Passagen aus Schriften von Ezra Pound, Charles Baudelaire oder Johann Wolfgang von Goethe.
Zwar ist die unheilvolle Rhythmusfraktion mit ihren träge schwarzmetallischen Komponenten ein essentieller Bestandteil des Schaffens von FIVE THE HIEROPHANT und dennoch ertönt diese während der gesamten Laufzeit des Werkes nur dumpf und eher passiv im Hintergrund, ohne vermehrt Akzente zu setzen. Diese stammen stattdessen von unterschiedlichen, an exotische Weltmusik erinnernde Percussions und einem die erstickende Dunkelheit schrill zerreissenden Saxophon, das mit seinem beschwingt blechernen Klang jazzige Facetten in das sonst nebulös wabbernde Gebräu einbringt und für zahlreiche markante Kontraste sorgt.
Zweifelsohne ist “OVER PHLEGETHON“ ein komplexes sowie vielschichtiges Werk mit reichlich Tiefgang und keinesfalls leichte Kost für Zwischendurch. Immerhin müssen die teils recht abenteuerlichen Sequenzen des Album langsam erarbeitet werden und erklingt in “Der Geist Der Stets Verneint“ erst einmal die einer grotesken Zirkusmusik ähnelnde Melodie des Blechbläsers, hat der Hörer hieran eine ganze Weile zu knabbern. Es lohnt sich aber in jedem Fall die nötige Zeit und Geduld in die experimentelle Platte zu investieren und in die wirren Sphären von FIVE THE HIEROPHANT einzutauchen.