Hraun – Black Molten Essence

20. April 2020
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Zwar haben sich HRAUN nach dem isländischen Wort für Lava benannt, stammen aber selbst gar nicht von der Insel der rauchenden Vulkane und brodelnden Geysire, sondern aus Frankfurt und Gelsenkirchen. Bislang dürfte die zweiköpfige Band trotz ihrer deutschen Heimat nur den wenigsten Lesern bekannt sein, legt diese doch erst Ende des Monats mit „BLACK MOLTEN ESSENCE“ ihr Debüt vor. Auf diesem erschafft das Duo in sieben Tracks…ja, was eigentlich genau? Es lässt sich gar nicht so einfach definieren, welcher musikalischer Pfad auf der Platte beschritten wird, vermengen HRAUN auf recht eigenwillige Weise sowohl Black, Death, als auch Doom Metal mit einer dezenten Prise schmerzerfüllten Gothic zu sehr vielschichtigen Klangkonstruktionen, die dem Werk zudem kein einheitliches Konzept zu geben wollen scheinen.

Eröffnet wird der Langspieler nämlich in „Occult Blood“ zunächst von melodischem Death / Doom Metal mit recht kantigen Gitarren und etwas gewöhnungsbedürftigem Klargesang, der jedoch zuweilen auch in raue Growls abdriftet. Erinnert wird der Hörer dabei ein wenig an MY DYING BRIDE oder ANATHEMA zu ihren Anfangszeiten. Wer sich nun jedoch bereits darauf einstellt, in der noch folgenden halben Stunde weiterhin auf nostalgische Zeitreise in die frühen 90er Jahre zu gehen und im Flair von Klassikern wie „AS THE FLOWER WITHERS“ oder „THE SILENT ENIGAM“ zu schwelgen, der täuscht sich gewaltig. Denn schon in „Rituals“ zeigen HRAUN mit tiefschwarzem Todesblei ein komplett anderes Gesicht und kredenzen nicht nur garstiges Gekeife, sondern ebenso flirrende Tremolos und heftig treibende Blasts, die sich zu einem finsteren Hassbatzen vermengen.

Es bleibt im weiteren Verlauf von „BLACK MOLTEN ESSENCE“ derart facettenreich, wechseln HRAUN weiterhin stetig zwischen doomiger Melancholie und aggressiven Zornausbrüchen. Während etwa „In The Pouring Rain I Lie“ oder „Take Back The Light“ von schmachtenden Vocals und zarten Melodien eröffnet werden, konzentrieren sich „Seducing Voices“ und „Through The River Black“ kontrastreich auf ein wesentlich roheres und flotteres Songwriting, das eine düstere Atmosphäre trotzdem nie vermissen lässt. Doch nicht nur untereinander erweisen sich die Kompositionen als sehr unterschiedlich, auch in den einzelnen Stücken sorgen HRAUN für enorm viel Dynamik und Vielschichtigkeit, wenngleich die Gegensätze teils fast schon zu krass erscheinen und den Fluss zu unterbrechen drohen. Dies ist etwa in „In The Pouring Rain I Lie“ der Fall, wird der Hörer hier in den ersten Minuten mit einer gefühlvollen Gesangsdarbietung betört, deren sanfte Zeilen sich sofort im Gedächtnis festsetzen, doch statt diese beeindruckende Dramatik noch weiter an Intensität gewinnen zu lassen, kippt die leidvolle Stimmung plötzlich innerhalb einer Sekunde und ein todesmetallisches Riffgewitter lässt jäh aus den träumerischen Momenten erwachen.

Natürlich verlieren die Tracks dadurch nicht an Qualität und in gewisserweise lässt es sich so sehen, dass „BLACK MOLTEN ESSENCE“ voller Überraschungen steckt und zahlreiche liebevoll arrangierte Details entdecken lässt. Auf der anderen Seite wäre ein klein wenig mehr Homogenität wünschenswert gewesen, um sich leichter auf die Platte einlassen zu können. Somit dauert es eben etwas länger bis sich deren verschachtelter Charakter vollständig erschlossen hat, doch sollte sich grundsätzlich ausreichend Zeit genommen werden, um sich auf ein neues Werk einzulassen. Es ist ihre erste Veröffentlichung und die beiden Herren aus Hessen und Nordrhein-Westfalen scheinen womöglich noch nicht ganz genau zu wissen, wohin die Reise mit HRAUN gehen soll. Dies mag auf dem kommenden Output schon ganz anders aussehen und somit darf gespannt erwartet werden, wie sich die Band entwickeln wird.

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