Leiru – Idő

25. Juni 2020
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Es gehört zur gängigen Praxis, ein jedes neue musikalische Werk aus der facettenreichen Welt des Heavy Metals einer exakten Klassifizierung zu unterziehen, in dem es einem der unzähligen Subgenres zugewiesen wird, deren schon jetzt unüberschaubare Anzahl stetig weiter steigt und deren Bezeichnungen zugleich stets abstruser werden. Zuweilen ist eine solche Einteilung sicherlich ganz hilfreich, etwa auf der Suche nach neuen Bands, die dem persönlichen Geschmack entsprechen könnten. Nicht selten jedoch, erzeugen etwa die Interpreten selbst oder das veröffentlichenden Label mit ihren eigenen Umschreibung gewissen Vorstellungen, die letztendlich absolut nicht mit dem vorliegenden Material übereinstimmen und den Hörer etwas ratlos zurücklassen.

Dies trifft beispielsweise auf das kürzlich erschienene Debütalbum von LEIRU zu, dem auf diversen einschlägigen Internetpräsenzen attestiert wird, dem Raw Black Metal zugehörig zu sein. Nun, es sei gleich gesagt, dass sich Liebhaber von ILDJARN und Konsorten erst gar nicht freudig die Händen reiben sollten, bietet „IDŐ“ nicht annähernd das, was die irreführende Bezeichnung erwarten lässt. Zugegeben, die sechs Tracks des Rundlings lassen sich als irgendwie als schwarzmetallisch angehaucht definieren und die schlichte Instrumentalarbeit ist einigermaßen roh und primitiv gehalten. Dennoch holen die beiden ungarischen Musiker viel mehr aus diesem Fundament heraus, als andere Bands es womöglich tun würden. Dies liegt in erste Linie am leicht nasalen Klargesang, der mit seiner melancholisch-verträumten Note im krassen Kontrast zur klirrenden Saitenarbeit steht, die sich in zahlreichen Passagen auf schlichte Tremolos beschränkt und von einem wahnwitzigen Gepolter des Schagzeuges angetrieben wird. Interessanterweise funktionieren diese im Grunde sehr gegensätzlichen Elemente im experimentellen Zusammenspiel enorm gut und besonders „Belépsz“ und „Idő“ bleiben mit ihren eindringlichen Vocals sofort im Gedächtnis hängen, obwohl diese beim ersten Hördurchlauf noch als schräg empfunden werden. Seine volle Wirkung entfaltet „IDŐ“ allerdings erst mit all den zahlreichen Melodien, die sich mal schwermütig und mal leicht dahin schwebend durch die Stücke ziehen, wobei sich zusätzliche Riffs an anderer Stelle tief im klassischen Sound der 80er Jahre verwurzelt zeigen und rockige Soli ertönen. Auf diese Weise entsteht ein sehr eigenwilliger Sound, der jedoch nicht gerade eingängig ist und mit etwas Geduld entdeckt werden will. Dabei geht das im Grunde sehr ansprechende Konzept nicht immer auf, steht sich etwa „Misztikus megérkezés“ mit nicht unbedingt mit den dissonanten Riffs harmonieren wollendem Gesang selbst im Wege. Nicht zuletzt fehlt dem Werk auf Dauer gesehen trotz vieler toller Momente ein wenig Abwechslung, orientieren sich alle Titel mehr oder weniger als selben Schema und präsentieren sich über weite Strecken im fast identischen Tempo.

Zwar müssen sich LEIRU die genannten Kritikpunkte vorwerfen lassen, doch wiegt zumindest das gleichförmige Songwriting in der Gesamtbetrachtung angesichts der kurzen Spielzeit von gerade mal etwas mehr als einer halben Stunde immerhin nicht allzu stark, darf aber gerne optimiert werden. Abgesehen davon, ist „IDŐ“ ein abwechslungsreiches Werk mit bunt zusammengewürfelten Motiven, aus Black und Heavy Metal, das zweifelsohne gewöhnungsbedürftig ist, aber durchaus zu unterhalten weiß.

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