Licht- und Schattensaiten – Wetterleuchten

12. Juni 2022
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Trotz seiner enormen musikalischen Produktivität, die in sehr regelmäßigen Abständen zu neue Werken führt, ist Stefan Johannes kein wirklich geläufiger Name in der schwarzmetallischen Szene. Hier bei EVILIZED ist er in der jüngeren Vergangenheit zumindest wiederholt mit SKARNTYDE in Erscheinung getreten, wenngleich seine beiden Soloprojekte erheblich länger bestehen und er mit LICHT- UND SCHATTENSAITEN bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten aktiv ist und in dieser Zeit volle zehn Alben veröffentlicht hat. Da diese jedoch fast allesamt ohne die Hilfe eines Plattenlabels in mühevoller Eigenproduktion aufgelegt wurden, fehlte bislang ein wenig die erforderliche Werbung, um ein etwas größeres Publikum zu erreichen.

Dabei stellt sich die Frage, ob dies eigentlich gewollt ist, denn der experimentelle Black Metal des bayrischen Multiinstrumentalisten ist alles andere als für die breite Masse geeignet. Besonders auf den frühen Werken erweisen sich die kauzigen Kompositionen als sehr eigenwillig und keinesfalls leicht bekömmlich und im direkten Vergleich zu „SONNENWIND“ oder „GEISTERWALD“ wirken die fünf Tracks vom aktuellen Albums namens „WETTERLEUCHTEN“ fast schon eingängig. Dies mag am deutlich geradlinigeren und pointierteren Songwriting, als auch der professioneller wirkenden Produktion liegen. Bevor jedoch nun mit dieser Beschreibung der Eindruck vermittelt wird, dass das Schaffen von LICHT- UND SCHATTENSAITEN sich nach all den vielen Jahren plötzlich anbiedert, um salonfähig zu werden, sei angemerkt, dass die neuen Stücke hiervon noch immer weit entfernt sind und sich Stefan Johannes den ausgefallenen Charakter seines Projektes weitestgehend bewahrt hat. Es sind holprig wirkende Passagen mit abrupten Stimmungswechseln und schrill dissonante Leads, die in „Von Blitzen erhellt“ oder „Das schwankende Häuschen“ aufhorchen lassen, während in „Prasselndes Nass“ zahlreiche traditionelle Strukturen mit surrenden Tremolos von hektisch eingeschobenen Elementen und kantigen Breaks unterbrochen werden. Teilweise wirkt dies, als handle es sich um völlige Improvisationen, die rasch wechselnde Emotionen geschuldet sind. Ja, insgesamt klingt „WETTERLEUCHTEN“ sehr gefühlsgeleitet, ohne dabei jedoch kitschig zu sein, und hält mit gezupften Akustikgitarren, lieblichen Melodien oder dunklem Klargesang starke Gegensätze zu den erwähnten kantigen Passagen bereit. Besser verstehen lässt sich dieses skurille Songwriting vermutlich, wenn die Texte hinter den einzelnen Titeln berücksichtigt werden, in denen Stefan Johannes von persönlichen Erlebnissen berichtet, die von markanten Wetterereignissen geprägt wurden. Und so unvermittelt, wie sich das Wetter in den bayrischen Bergregionen ändern kann, so rasch ändern auch die fünf Songs des Albums ihr Gesicht.

Nicht immer funktionieren all die Ideen, die sich der experimentiertfreudige Einzelkämpfer erdacht hat, wirken vereinzelte Momente auf „WETTERLEUCHTEN“ eher unbeholfen und plump, als avantgardistisch. Ohne eine gewisse Vorliebe für mitunter sperrige und eigensinnige Songs, die in vielen Durchläufen nach und nach erhört werden wollen, sollte LICHT- UND SCHATTENSAITEN wohl eher gemieden werden. Wer sich jedoch gerne auf neue Klangwelten einlässt und genug vom ewig klassischen Black Metal mit skandinavischer Handschrift hat, könnte hier fündig werden und ein interessantes Projekt mit wirklich eigenem Sound für sich entdecken. Erworben werden kann das Album in digitaler Form, wobei die Möglichkeit besteht, ein gedrucktes Booklet mit allen Texten und einigen Fotos dazu zu bestellen und auch als strikt limitiertes Tape bei Feral Age Records.

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