Zwar können THEOSOPHY im kommenden Jahr auf eine bereits zwei Jahrzehnte andauernde Karriere zurückblicken, in der bislang schon fünf Langspieler veröffentlicht wurden, doch zumindest hierzulande, ist es der russischen Formation rund um den bei der Gründung erst 16-jährigen Anton Navolokin in all dieser langen Zeit noch nicht gelungen, in größerem Stil auf sich aufmerksam zu machen. Inwieweit sich dies mit dem in diesem Herbst anstehenden sechsten Album ändern wird, bleibt abzuwarten. Immerhin erscheint „BLEEDING WOUNDS OF THE FIRST AND THE LAST“ bei Epictural Production, dem französischen Label, das in letzter Zeit mit qualitativ hochwertigen Veröffentlichungen von FERRITERIUM sowie KARNE auf sich aufmerksam machen und somit eine gewisse Reichweite erarbeiten konnte.
Eine kurze Recherche in den endlosen Weiten des Internets bringt hervor, dass nicht selten Parallelen zu den norwegischen Kollegen von IMMORTAL hinsichtlich des kalten Sounds von THEOSOPHY gezogen werden; ein merkwürdiger Vergleich, der zumindest im Hinblick auf die vorliegende Platte, an dieser Stelle in keinster Weise mitgetragen werden kann. Denn abgesehen davon, dass die vier Russen ebenfalls in schwarzmetallischen Gefilden unterwegs sind, lassen sich keinerlei Ähnlichkeiten ausmachen. Dies wird bereits im eröffnenden Titeltrack mehr als deutlich, in dem fast neun Minuten lang melodischer Black Metal dargeboten wird, der nicht nur mit filigranen Leads ausgestattet ist, sondern ebenfalls hier und da Platz für ein paar kurze Keyboardeinsätze bietet, die jedoch eher im Hintergrund bleiben, ohne zu dominieren. Passend dazu erklingt irgendwo noch eine beschwörende Stimme, die unheilvoll ein paar Zeilen spricht. Dies ist alles schon recht stimmig, doch leider bedienen sich THEOSOPHY dieser beiden Elemente nur sehr zurückhaltend, wenngleich es „Bleeding Wounds Of The First And The Last“ zweifelsohne gut getan hätte, noch etwas mehr Variation zu erhalten, rast der Track weitestgehend in gleichbleibend hoher Geschwindigkeit dahin, ohne neue Motive hinzuzufügen.
Deutlich mehr Substanz kann da schon „Ash“ vorweisen, platzieren THEOSOPHY in diesem mit einem vom skandinavischen Sound beeinflussten Riffing ausgestatteten Song an den richtigen Stellen auflockernde Breaks oder reduzieren das erneut hohe Tempo zu Gunsten eines schleppenden Mittelteils, in dessen Anschluss sich die Intensität wieder drastisch steigert. Und auch „Only The Wind Blows Wherever It Wants“ zeigt ein vielschichtigeres Songwriting mit eingängigeren Melodien und groovenden Rhythmen, die sich zu einer sehr leidenschaftlichen Komposition zusammensetzen, die sich trotzdem einen sehr harschen Charakter bewahrt. Von diesem rücken die übrigen drei Nummern auf „BLEEDING WOUNDS OF THE FIRST AND THE LAST“ allerdings zumindest stellenweise ab. So wird etwa „Majesty Of The Two Rivers“ von einem lässig rockigem und zudem deutlich an UADA erinnernden Riff eines nur leicht verzerrten Sechssaiters eröffnet, das auch im weiteren Verlauf immer mal wieder auftaucht, um die symphonischen Keyboards zu ergänzen und auch mit „The Spirits Of Tarma“ dringen THEOSOPHY tief in die weitläufigen Klangwelten des Atmospheric Black Metals. Damit kreiert die Truppe sicherlich keinen wirklich eigenständigen und besonders originellen Sound, weiß aber trotzdem zu gefallen, wurden sehr stimmungsvolle und kurzweilige Songs erschaffen, die in den Black Lounge Studios von Jonas Kjellgren in Schweden einen vollen und doch noch angenehm kantigen Klang erhalten haben.
Von einem sehr ästhetischen Artwork geziert, erweist sich „BLEEDING WOUNDS OF THE FIRST AND THE LAST“ als durchaus abwechslungsreiche Platte, die nach einem noch nicht wirklich überzeugenden Auftakt stärker fortgeführt wird und schön arrangierte Songs präsentiert. Wer seinen atmosphärischen Black Metal gerne etwas zeitgemäßer dargeboten mag und die erwähnten UADA zu seinen Favoriten zählt, sollte THEOSOPHY auf jeden Fall antesten.