Vemod – The Deepening

Zwar war schon bei Erscheinen des grandiosen Debütalbums keineswegs zu erwarten, dass VEMOD fortan in allzu regelmäßigen Abständen neue Outputs veröffentlichen würden, da derart intensive und tiefschürfende Werke schlichtweg ihre Zeit benötigen, doch dass es letztlich volle zwölf Jahre dauern sollte, bis dieser Tage mit „THE DEEPENING“ nun endlich der langersehnte Nachfolger vorgelegt wird, ahnte dann wohl doch niemand. Dabei ist für diese sehr ausgedehnte Wartezeit keinesfalls mangelnde Kreativität verantwortlich zu machen, werden ein paar der sechs neuen Tracks doch schon seit mehreren Jahren live von den drei Norwegern vorgetragen, sodass es offensichtlich andere Gründe für den späten Besuch im Tonstudio in Trondheim geben dürfte. Diese zu hinterfragen, soll aber nicht Inhalt der nachfolgenden Zeilen werden, in denen vielmehr erörtert werden soll, ob der zweite Langspieler von VEMOD den enorm hohen Erwartungen gerecht werden kann, die in all den vergangenen Jahren an ihn gewachsen sind.

Verständlicherweise kann es eine junge Formation gewaltig unter unangenehmen Erfolgsdruck setzen, wenn gleich die erste Platte durchweg euphorische Kritiken erntet und dies kann dazu führen, dass der erzwungene Versuch sich selbst qualitativ zu steigern, zum genauen Gegenteil führt. Dass sich VEMOD von solchen Ängsten jedoch völlig unbeeindruckt zeigen, legt bereits die lange Zeit nah, die sie haben verstreichen lassen, bis sie sich selbst bereit gefühlt haben, sich mit frischem Material zurückzumelden. Doch auch der erste Hördurchlauf von „THE DEEPENING“ macht sofort deutlich, dass Jan Even Åsli und seine beiden Kollegen nicht versuchen, sich selbst mit großen Innovationen oder einem möglichst extravaganten Songwriting zu übertreffen. Nein, vielmehr überrascht es, wie schlicht die sechs Kompositionen im Grunde gehalten sind, sodass nicht von einer großen Weiterentwicklung gegenüber „VENTER PÅ STORMENE“ gesprochen werden kann.

Erneut sind es packende Melodien voller erhabener Epik, von denen die ausladenden Tracks leben. Es sind verträumte Bilder einer endlos weiten und klirrend kalten Landschaften voller verschneiter borealer Wälder, über denen an einem sternenklaren Himmel ein leuchtendes Polarlicht umherwirbelt, die vor dem inneren Auge erschaffen werden, wenn die sanften Klänge von „Mot oss en ild“ leise verhallen und stattdessen die kraftvolle Raserei von „Der guder dor“ einsetzt. Innerhalb weniger Sekunden, gelingt es den beiden Sechssaitern, mit ihrem sehnsüchtigen Arrangements eine solch dichte Atmosphäre zu erschaffen, dass alles um einen herum vergessen scheint. Interessanterweise haben VEMOD nicht viel an der Produktion verändert, klingt das polternde Schlagzeug noch genau so dünn und scheppernd, wie zuletzt, während die übrigen Instrumente ein klein wenig mehr Druck erhalten haben. Dies mag auf den ersten Anschein unpassend wirken und dennoch sorgt erst dieser holprige Sound dafür, dass das Stück seinen majestätischen Charakter richtig ausbildet, der übrigens zum Ende hin in hymnischem Klargesang gipfelt. Vielleicht etwas weniger eingängig, aber nicht minder fesselnd, führt „True North Beckons“ die sphärische Reise fort und überzeugt nach einem fulminanten Auftakt mit einer sehr ruhigen und bedächtigen Passage in der zweiten Hälfte.

Lediglich mit seiner hellen Stimme, füllt Jan Even Åsli die rund anderthalb Minuten von „Fra drommenes bok I“ und erschafft auf diese Weise ein höchst emotionales Zwischenstück. Nahezu vollständig ohne Gesang kommt dagegen „Inn i lysande natt“ aus, dessen zentrales Motiv eine melancholische Melodie ist, die sich hypnotisierend fast durchgängig durch den knapp 7-minütigen Song zieht, während sich die Rhythmusfraktion mit viel Variation um diese herum entfaltet. Zum krönenden Abschluss halten VEMOD mit dem mehr als viertelstündigen Titeltrack einen intensiven Longtrack bereit, der sich deutlich stärker als die übrigen Nummern von seinen schwarzmetallischen Wurzeln löst und sich offener für verträumte, postige Klänge zeigt, die erneut von ausdrucksstarkem Klargesang begleitet werden und sich dennoch voll ins ätherische Konzept der Platte einfügt. Noch eindringlicher hätte „THE DEEPENING“ wohl nicht abgeschlossen werden können.

Ja, die hohen Erwartungen an ihren zweiten Langspieler haben VEMOD vollkommen erfüllen können, um auf die eingangs gestellte Frage zurückzukommen. Wer darauf hoffte, dass die drei Norweger den kalten, nordischen Klang des Debütalbums fortsetzen, wird ebenso zufrieden sein, wie alle jene, die sich wünschten, dass neue Pfade beschritten werden. Es ist VEMOD auf perfekte Weise gelungen, wehmütigen Black Metal in seiner traditionellsten Form zu komponieren und mit facettenreichen Motiven zu erweitern, die weit jenseits der Genregrenzen liegen. Somit erweist sich „THE DEEPENING“ erwartungsgemäß als ein erstes Highlight im noch sehr jungen Jahr, an dem sich in den kommenden Monaten zahlreiche Veröffentlichungen messen lassen werden müssen.

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