Koldbrann – Ingen Skånsel

Mitten in der glühenden Hitze des Hochsommers lassen KOLDBRANN mit ihrem langersehnten vierten Langspieler die gnadenlose norwegische Kälte über uns hereinbrechen. Zugegeben, es hätte für die Veröffentlichung von „INGEN SKÅNSEL“ etwas passendere Zeitpunkte gegeben, doch andererseits lässt sich solch eine frostige Abkühlung im August ja auch durchaus positiv betrachten. Ganz ungeachtet dessen, ist es sehr erfreulich, endlich wieder eine neue Platte der fünf Herren aus Drammen in den Händen halten zu können, liegt mit „VERTIGO“ das letzte Album der nordischen Truppe schon mehr als elf Jahre zurück. Angesichts dieser langen Abstinenz ist es enorm erstaunlich, wie eindrucksvoll KOLDBRANN sich dieser Tage zurückmelden, was in dieser Form wohl niemand erwartet hätte.

Dabei lieferte eine im vergangenen Winter veröffentlichte EP mit zwei exklusiven Tracks, die nicht auf dem hier vorliegenden Werk enthalten sind, einen ersten Vorgeschmack dessen, was dieser Tage von KOLDBRANN erwartet werden darf. Die dort demonstrierte Rückkehr zu den rohen schwarzmetallischen Wurzeln ohne jegliche Kompromisse wird auf „INGEN SKÅNSEL“ denn auch in voller Länge konsequent weitergeführt, sodass es für alle Anhänger der ersten Stunde, die „NEKROTISK INKVISITION“ vor mehr als zwei Dekaden rauf und runter gehört haben, eine wahre Freude sein dürfte, sich die eisigen Riffs von „I Unaturens Vold“ oder „Et Uomtvistelig Falsum“ um die Ohren peitschen zu lassen. Ohne etwa zu versuchen, den damaligen Sound mit seinem apokalyptischen Drumming originalgetreu zu reproduzieren, verleihen Mannevond und seine drei Mitstreiter ihrem vierten Album klanglich einen völlig eigenen Charakter, erschaffen mit sägenden Gitarren aber finstere Arrangements voller Ecken und Kanten. Nicht immer wird allerdings mit wilden Blasts so derb vorangeprescht, wie in den beiden genannten Stücken, sind es beinah doomige Passagen, die in „Prosesjon Under Blyhimmel“ eingestreut werden und auch im mächtigen „Maskiner Av Nihil“ mit seiner knarzigen Bassarbeit wird die Geschwindigkeit zu Gunsten eines drückenden Midtempos gedrosselt. Herausragend sind hier allerdings besonders der sehr düster-atmosphärische Tenor, der in „Serenade Til Dødens Elende“ nochmal intensiviert werden kann und herrlich beklemmend daherkommt. Ebenfalls ziemlich stimmungsvoll fallen mit „Det Kryper Kaldt“ und „Vorde Eders Farkost En Katafalk“ zwei kurze Instrumentalstücke aus, die so neu im Kosmos von KOLDBRANN sind, aber mir ihren hypnotisierenden Leads angenehme Akzente setzen können.

Zwar verarbeiteten KOLDBRANN auf „VERTIGO“ einige ebenso interessante, wie ungewönhliche Elemente, in dem sie Trompeten oder futuristische Synthesizer in die damals nicht selten sehr rockig gehaltenen Songs integrierten, doch steht der norwegischen Truppe die eisige Aggression, die auf „INGEN SKÅNSEL“ mit höchster Leidenschaft zelebriert wird, deutlich besser zu Gesicht. Wobei sich nicht komplett von groovigen Momenten getrennt wurde, lassen der eröffnende Titeltrack oder „Rykk Skaperverket Opp Med Roten“ ein paar treibende thrashige Anleihen erkennen, mit denen die schwarze Messe wie schon auf „MORIBUND“ aufgelockert wird.

KOLDBRANN melden sich mit voller Stärke zurück und legen ein wahrlich grandioses Album vor. Es war ganz offenbar nicht die schlechteste Idee von Mannevond und Kvass, sich etwas länger zurückziehen und in aller Ruhe an neuen Stücken zu arbeiten, mit denen letztendlich die alte Form wiedergefunden wurde. Es ist wohl nicht übertrieben, zu sagen, dass sich „INGEN SKÅNSEL“ qualitativ ganz dicht hinter dem kultigen Debüt einreiht und im Vergleich zu „MORIBUND“ runder und direkter daherkommt. So darf es gerne weitergehen und im besten Fall nicht erst wieder in einem Jahrzehnt.

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