Maestus – Deliquesce

28. Mai 2019
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Durch seine Tätigkeit als Bassist bei PILLORIAN bis zu deren wenig ruhmreicher Auflösung vor einigen Monaten machte sich Stephen Parker in den letzten vier Jahren zumindest in gewissen Kreisen einen geläufigen Namen. Dabei ist der in Portland ansässige Musiker bereits seit mehr als einer Dekade in der amerikanischen Szene aktiv, gründete er doch damals mit THE WILL OF A MILLION sein eigenes Soloprojekt, mit dem er allerdings zuletzt keine neuen Alben mehr aufnahm. Dafür schloss er sich mit seinem Bruder sowie einigen weiteren Kollegen eher unbekannter Bands aus Oregon zu MAESTUS zusammen, um gemeinsam mit diesen seiner zweiten Leidenschaft neben dem atmosphärischem Black Metal nachzugehen. Auf dem Debütalbum namens “VOIR DIRE“ tauchte die Truppe erstmalig in die bitter beklemmenden Abgründe des angeschwärzten Funeral Doom Metals ein, die nun mit dem über Code666 Records erscheinenden “DELIQUESCE“ ein weiteres Mal aufgesucht werden.

Es sind die zu erwartenden Flaggschiffe des Genres, wie AHAB, EVOKEN und SHAPE OF DESPAIR, die als Referenzen genannt werden und deren jeweiliger Sound im Grunde schon ziemlich eigenständig und nicht unbedingt vergleichbar ist, sodass gespannt den ersten Takten des rund viertelstündigen Titeltracks gelauscht wird, der allerdings erst einmal nur wabbernde Synthesizer offenbart und zwar für eine ganze Weile. Das sich plötzlich hinzugesellende Piano bringt leider wenig Abwechslung, sondern sorgt eher dafür, dass sich “Deliquesce“ allmählich dem puren Kitsch hingibt, doch bevor dies tatsächlich soweit ist, erklingen endlich kraftvolle Riffs, die sich über einen trägen Rhythmus legen und dem schmachtenden Spektakel nach und nach ein Ende bereiten. Es dauert noch ein wenig, bis MAESTUS wirklich im unheilvollen Doom Metal angekommen sind, den sie bieten wollen, doch glücklicherweise hat der Song lange genug Zeit, um sich zu entfalten und spätestens in der zweiten Hälfte lassen sich inmitten schleppender Riffs mit düsteren Leads erste Parallelen zu den nachgeeiferten Veteranen aus New Jersey erkennen. Ein kurzzeitiges Aufflammen wütender Blasts und bösartig keifender Growls bringt noch mehr Würze ins Geschehen, sodass der wenig gelungene Auftakt schnell vergessen ist. Selbst die noch eingestreuten Synthesizer stören in reduzierter Form nicht mehr.

Im nachfolgenden “Black Oake“ suhlen sich MAESTUS gleich von Beginn an in dunkelster Finsternis und erschaffen ein bedrückendes Riffing, dem eine gewisse Ähnlichkeit zu “Shadowed Dreams“ von SHAPE OF DESPAIR nicht abgesprochen werden kann. Erneut verfallen die Vocals abseits der dunklen Growls passagenweise in fieses Gekeife, während die gesamte Atmosphäre eisig kalt erscheint und der unheilvolle Grundtenor deutlich schwarz ist, wodurch sich die stilistischen Wurzeln des verantwortlichen Songwriters einmal mehr deutlich zeigen. Diese lassen sich auch in den noch ausstehenden beiden Stücken nicht verleugnen, wobei MAESTUS auf gesamter Albumlänge sehr auf Variation bedacht sind und ihre Tracks mit ungeheuer vielen Details ausstatten, die sich erst bei mehrmaligen Hördurchlauf nach und nach erfassen lassen. Es sind Momente, wie das triste Zusammenspiel von Piano und Akustikgitarren oder die sehnsüchtigen Tremolomelodien in “The Impotence Of Hope“ sowie der zaghaft eingesetzte Klargesang in “Knell Of Solemnity“, die “DELIQUESCE“ so vielseitig und trotz 50-minütiger Laufzeit so kurzweilig machen. Einen nicht unerheblichen Anteil an diesem in sich stimmigen Charakter der melancholiegeschwängerten Platte hat Markus Stock, der in seinem Klangschmiede Studio E einen erstklassigen Sound kreiert hat, der den Kompositionen sowohl ausreichend Druck, als auch die nötige Filigranität verleiht, um eben diese Intensität zu gewährleisten, mit der MAESTUS am Ende überzeugen können.

Zweifelsohne gelingt es den oben aufgezählten Formation noch wirkungsvoller, massive Gitarrenwände zu errichten oder mit Hilfe sphärischer Synthesizer eine fast greifbare Verzweiflung zu vertonen, doch MAESTUS liefern mit ihrem Zweitwerk trotzdem ein durch spannendes Werk ab, auf dem viele Ansätze zu gefallen wissen. Besonder die mal mehr, mal weniger dominante Verknüpfung mit harschem Black Metal samt schnellen Drums passt hervorragend ins Konzept. Daher bleibt wenig Grund den zu Grabe getragenen PILLORIAN nachzutrauern, darf sich doch stattdessen über “DELIQUESCE“ gefreut werden.

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